Fassungslosigkeit über Standortschließung bei Nokia Siemens Networks
Mitarbeiter erfahren per E-Mail von Plänen des Unternehmens
München (dapd). Unruhig und angespannt warten die Mitarbeiter von Nokia Siemens Networks (NSN) am Dienstagnachmittag auf die Busse, die sie zur Mitarbeiterversammlung bringen sollen. In einer wenige Autominuten entfernten Veranstaltungs- und Konzerthalle sollen sie Details über die Pläne zur Schließung des Münchener NSN-Hauptsitzes erfahren. Die Nachricht hatte sie am Mittag wie aus heiterem Himmel getroffen, es dominieren Verärgerung und Zukunftsangst.
„Ich habe per Mail heute Mittag von der Werkschließung gehört. Es war schon ziemlich krass, es auf diese Art zu erfahren“, sagt Joachim Ziegler. Der 61-Jährige arbeitet bei NSN als Ingenieur im Bereich Forschung und Entwicklung. „Falls ich heute gekündigt werde, weiß ich erst einmal nicht, wie es weitergehen soll“, fügt er hinzu, bevor er in einen der Reisebusse steigt.
Auch zwei weitere langjährige NSN-Mitarbeiter kritisieren die Informationspolitik des Unternehmens: „Wir wissen bisher nichts. Weder wie es weitergehen soll, noch wen es von uns trifft“, beklagt einer von ihnen. Zur Mitarbeiterversammlung fahren sie ohne allzu große Erwartungen. „Wir glauben nicht, dass wir bei der Versammlung Genaueres erfahren werden. Die holen bestimmt wieder die gleichen Folien wie immer raus“, sagt ein anderer.
Um 12.01 Uhr hatten die Beschäftigten eine E-Mail mit der Betreffzeile „Restrukturierung von NSN – nächste Schritte in Deutschland“ erhalten. Darin wurde ihnen mitgeteilt, dass NSN seine Aktivitäten künftig auf fünf Standorte konzentrieren und alle anderen – einschließlich München – schließen werde. Bundesweit sollen 2.900 Jobs wegfallen, davon 2.200 in der bayerischen Landeshauptstadt. Für den Nachmittag wurden die Beschäftigten zu einer Mitarbeiterversammlung in die Kantinen und das Auditorium in der Zentrale sowie in die nahe gelegene Tonhalle eingeladen, die sich auf dem Partyareal Kultfabrik befindet. Dorthin sollte die Versammlung übertragen werden.
In Partystimmung ist an diesem Tag keiner der Beschäftigten auf den letzten Schritten zur Tonhalle. Vielen Mitarbeitern ist nicht einmal nach Reden zumute – schweigend gehen sie zur Versammlung. Eine Gruppe junger NSN-Beschäftigter allerdings, die in einem letzten Schub an der Halle eintrifft, versucht, Wut und Sorgen zu überspielen- mit Witzen über die Geschäftsführung.
Nur ein Teil der Beschäftigten kann die Ausführungen der Unternehmensleitung direkt in der NSN-Zentrale verfolgen. Die meisten Münchner Mitarbeiter müssen ausweichen und sich beispielsweise in der Tonhalle mit einer Live-Übertragung begnügen. Der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats, Georg Nassauer, verfolgt die Übertragung in Berlin. „Es ist klar, dass die Stimmung sehr schlecht war“, sagt er anschließend. Die Mitarbeiter seien sehr bedrückt – „auch jene, die selbst nicht betroffen sind“.