Frauen sind in Führungspositionen nach wie vor unterrepräsentiert. In Österreich liegt ihr Anteil in den Vorständen börsennotierter Unternehmen bei derzeit 4,9 Prozent. In der Forschung werden die Gründe dafür intensiv diskutiert – und auch, welche Maßnahmen dazu beitragen können, dass Frauen in der Geschäftsleitung und im Aufsichtsrat häufiger vertreten sind. „Es braucht klare Ziele und die öffentliche Sichtbarkeit des Erfolgs, also ob diese auch erfüllt werden“, so WU-Wissenschaftlerin Heike Mensi-Klarbach. Sie untersuchte, wie sich verschiedene Maßnahmen abseits der gesetzlichen Quote auf den Frauenanteil in Führungspositionen auswirken.
Gesetzliche „Frauenquoten“ nehmen in Europa zu. Auch Österreich führte 2018 eine solche Quote für Aufsichtsräte ein. „Dabei sehen wir, dass gesetzliche Quoten zwar den Frauenanteil in unmittelbar betroffenen Gremien erhöhen, die Gründe für die geringe Teilhabe von Frauen – z.B. das männlich geprägte Rollenbild des Managers – aber nicht verschwinden“, erklärt Heike Mensi-Klarbach vom Institut für Gender und Diversität in Organisationen der WU. „In Norwegen, dem Vorreiterland in Sachen Frauenquote, hat die Quote zwar für mehr Frauen in Aufsichtsräten gesorgt. In den Geschäftsleitungen der Unternehmen hat sich jedoch nichts getan.“ Nachdem ‚harte‘ Maßnahmen wie die Quotenregelung offensichtlich zu keinem nachhaltigen Kulturwandel führen, untersuchte die Forscherin, wie wirksam ‚weiche‘ Maßnahmen, d.h Maßnahmen abseits von gesetzlichen Vorschriften, sind. Diesen wird eher das Potential zugeschrieben, nachhaltig wirksam zu sein.
Druck durch klare Zielgrößen und die Androhung der Quote
Mensi-Klarbach erforschte gemeinsam mit zwei WU-Kollegen, wie sich die Empfehlung des Österreichischen Corporate-Governance-Kodex (ÖCG-K) für Geschlechterdiversität in den Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen auswirkte und welche Rolle die öffentliche Diskussion rund um die Androhung einer gesetzlichen Frauenquote durch den Gesetzgeber dabei spielte. Dabei wurde deutlich: Während die Leitlinie im ÖCG-K mit der vagen Formulierung, Geschlechterdiversität ‚angemessen zu berücksichtigen‘, keinerlei Effekt auf die Besetzung zeigte, erhöhte sich die Zahl der Frauen während der öffentlichen Diskussion rund um die Einführung der Frauenquote signifikant. „Dieser Effekt zeigte sich allerdings nur, solange die Einführung einer Frauenquote ein realistisches Szenario war. Als die Quote vorläufig vom Tisch war, verschwand er wieder“, so Mensi-Klarbach. Zudem untersuchte sie, wie freiwillige Zielgrößen für die Geschlechterdiversität in Aufsichtsräten bei Bundesunternehmen und die öffentliche Berichterstattung über deren Einhaltung wirkten. Diese Kombination von Zielgrößen und Transparenz über die Einhaltung, wie dies bei den Bundesunternehmen der Fall war, erwies sich ebenfalls als wirkungsvoll: Der Druck, der durch die konkreten Ziele und die öffentliche Sichtbarkeit entstand, führte zur Nominierung von mehr Frauen, erklärt die Wissenschaftlerin.
Wenig Bewusstsein für Diversität als Erfolgsfaktor
Wie die Studie zeigt, wirkt freiwillige Selbstregulierung ohne zusätzlichen Druck in Österreich nicht. Dies weise laut Studienautorin darauf hin, dass Geschlechterdiversität nicht als Vorteil und Geschlechterhomogenität nicht als Nachteil gesehen werde. Und das, obwohl zahlreiche Studien zeigen, dass Diversität ein wesentlicher Erfolgsfaktor sein kann. „Damit ‚weiche‘ Maßnahmen Wirkung zeigen, muss also der Druck verstärkt werden“, so Mensi-Klarbach. Ihre Studienergebnisse machen deutlich, dass in Österreich über konkrete Zielgrößen und die transparente Kontrolle der Zielerreichung, aber auch durch die glaubwürdige Androhung einer gesetzlichen Quote ein Anstieg von Frauen erreicht werden konnte. „Weil ‚harte‘ Quoten Widerstand und Umgehungsversuche hervorrufen und letztlich alleine kaum einen nachhaltigen Kulturwandel bewirken können, stellen wirksame ‚weiche‘ Maßnahmen daher eine sinnvolle Alternative dar.“
Quelle: Heike Mensi-Klarbach