Ein wirtschaftlich herausforderndes Jahr liegt hinter dem Mittelstand, insbesondere dem Handwerk. Gerade in einer Zeit, in der unklare Situationen im Fördermittelbereich und gerichtliche Entscheidungen die Unternehmen unter Druck setzen, steigt der Bedarf an externer Beratungsexpertise, meint Pascal Zerwas, Gründer und CEO der EFFEKT Unternehmensgruppe.
Für den Mittelstand geht ein Jahr der wirtschaftlichen Rezession vorbei. Wie blicken Sie auf die letzten zwölf Monate aus ökonomischer Perspektive?
Weder können wir aus unserer Position einen wirtschaftlichen Niedergang noch ein Comeback der vermeintlich guten alten Zeiten ablesen.
Gerade der Mittelstand mit Schwerpunkt Handwerk ist aufgrund der unklaren Situation im Bereich der Förderungen sehr gefordert gewesen und wird dies 2024 weiter sein. Bezeichnend dafür setzt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von Mitte November etliche Entscheider in Firmen unter Druck. Ob und wenn ja welche Mehrausgaben für die Wirtschaft nun entstehen, ist eine Frage, mit der sich viele Betriebe besorgt befassen. Das erhöht aus unserer Sicht automatisch die Notwendigkeit von externer Beratungsexpertise, die Firmen in den seltensten Fällen komplett inhouse abdecken können.
Mit welchen Prognosen gehen Sie ins neue Jahr?
Eine Glaskugel hat niemand. Dennoch rechnen wir damit, dass eine Entspannung der wirtschaftlichen Lage wahrscheinlich ist – sollten keine neuen geopolitischen Konflikte auftreten, die beispielsweise Inflation, hohe Energiepreise und gedrosseltes Wachstum befördern.
Auf eine Entspannung der Lage baut auch der Mittelstand. Noch teurere Material- und Rohstoffkosten wären für die große Mehrheit kaum stemmbar.
Laut Umfragen gehen viele Mittelständler und unter anderem Handwerksbetriebe mit Versicherungen auch in dieser angespannten Marktlage erst recht hart ins Gericht. Assekuranzen würden nicht immer die beste Beratung im Sinne des Kunden anbieten. Teilen Sie diese Ansicht auch für 2023/24 oder haben sich die Verhältnisse geändert?
Herausforderungen, die wir im Kontakt mit Wirtschaftsentscheidern sehen können, wiederholen sich standortunabhängig immer wieder. Die große Mehrheit der Versicherer kommuniziert leider zu intransparent und berät zu vertriebsorientiert. Das bestätigen auch unabhängige Umfrage-Ergebnisse in regelmäßigen Abständen.
Fehlende Transparenz ist dabei nicht ein Versehen oder durch Zufall bedingt. Die große Mehrheit der etablierten Assekuranzen agiert bewusst intransparent, um schnell an hohe Provisionen zu kommen. Heißt auch: Transparenz wäre schlecht für das Geschäftsmodell von den meisten etablierten Versicherern, die dadurch im Nachteil wären.
Die Schwierigkeit für Unternehmen: Gerade in wirtschaftlich normalen Zeiten sind teure Policen eine Last. Aufgrund der aktuellen Marktphase wiegen kostenintensive Beratungen noch viel schwerer. Nur auf Kostenersparnis als Reaktion zu setzen, birgt aus unserer Sicht allerdings ernsthafte Risiken.
Im Schadensfall entscheidet schließlich qualitativ hochwertige Beratung über Erfolg und Misserfolg. Ganz auf Versicherungen aufgrund anstehender Kosten zu verzichten, macht so wenig Sinn. Guter Versicherungsschutz wird so zum Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten mit Mängeln in der Absicherung.
Welche Herausforderungen resultieren daraus für kleine und mittlere Unternehmen?
Führungskräfte, Manager und CEOs sollten sich vergewissern, das fehlende Beratung in puncto Rechtsberatung oder Versicherungen mit das größte Risiko in den aktuellen Zeiten darstellt. Denn ist der Schaden erstmal da, übersteigen wirtschaftliche Schäden die eingesparten Mittel ohne externe Beratung um ein Vielfaches.
Insofern gilt es die Waage zwischen Kostenoptimierung und Risikomanagement zu finden, um auch in wirtschaftlich unsicheren Zeiten mit festen Sicherheiten zu planen. Anders formuliert: Ein strategisch denkender Unternehmer sollte niemals auf Kosten der Qualität einen schlechten Versicherungsschutz akzeptieren.
Was empfehlen Sie abschließend involvierten Unternehmen in der aktuellen Marktlage für das neue Jahr?
Die Risiken, denen Unternehmen 2024 ausgesetzt sind, bewerten wir als sehr facettenreich und komplex. Diese alle im Einzelnen auszuführen wäre zu umfangreich und wenig greifbar. In persönlichen Gesprächen sollten sich Unternehmen – insbesondere aus Mittelstand, Handwerk, Kälte und Klima – von juristischer Seite und persönlich beraten lassen.
Denn ein gutes Produkt und fachkundige Mitarbeiter für das Tagesgeschäft zu haben ist eine Seite der Medaille.
Ohne einen wettbewerbsfähigen Versicherungsschutz, sind für den Wirtschaftsstandort Deutschland relevante Geschäftsmodelle jedoch akut gefährdet. Die Awareness dafür ist noch zu schwach ausgeprägt, was wiederrum eine massive Herausforderung für unsere Wirtschaft darstellt. Es gilt: Der Markt ist im Umschwung und guter Versicherungsschutz wird auch im Jahr 2024 nicht selbstverständlich.