Bonn. Es ist lange her, dass sich der Winter so ausgetobt hat. Doch nun ist es unübersehbar: Der Frühling hält Einzug. Damit gehören auf die Räder des Autos wieder Sommerreifen, deren Einsatzzeit von Ostern bis Oktober reicht. «Wegen ihrer Gummimischung bieten sie ein erhebliches Plus an Sicherheit und Langlebigkeit im Vergleich zu Winterreifen», erläutert Ulrich Köster vom Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) in Bonn den Hintergrund des Wechsels. Durch ihre spezielle Konstruktion hielten Sommerpneus das Auto auch bei hohem Tempo in der Spur, ihr Kurvengriff sei sicher, ihr Bremsweg kurz.
Denn die Gummimischungen von Sommer- und Winterreifen entwickeln ihre besten Haftwerte in ganz unterschiedlichen Temperaturbereichen. Während Winterreifen den besten Kraftschluss bieten, sobald die Außentemperatur unter zehn Grad Celsius fällt, entwickeln Sommerreifen ab fünf Grad aufwärts ihr optimales Haftungspotenzial.
Die Auswirkungen der Temperaturen auf die Bremsleistungen von Sommer- und Winterreifen sind enorm. Kommt ein durchschnittlicher Sommerreifen aus 80 km/h auf trockener Straße nach rund 24 Metern zum Stehen, benötigt der Winterreifen bei gleichen Bedingungen rund 33 Meter. «Ein drastischer Unterschied, der klar macht: Wer im Sommer mit Winterreifen unterwegs ist, riskiert seine Gesundheit und die anderer Verkehrsteilnehmer», meint Hans-Jürgen Drechsler. Er ist Geschäftsführer des Bundesverbandes Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BVR).
«Selbst die beste Bremse ist nur so gut wie der Reifen, der die Bremskraft auf die Straße überträgt», betont Professor Günter Willmerding von der Fakultät Maschinenbau und Fahrzeugtechnik der Universität Ulm: «Je schlechter der Reifen, desto eher ist er überfordert und beginnt zu rutschen.» Selbst geübte Fahrer seien dann oft machtlos. Die richtige, an die Wetterverhältnisse angepasste Bereifung verschaffe Autofahrern also wichtige Sicherheitsreserven.
Es gibt zudem einen weiteren Wechselgrund. Wer mit den richtigen Reifen auf Tour geht, spart Geld. Denn Winterreifen nutzen sich auf sommerlichen Straßen in kürzester Zeit ab, und je stärker der Abrieb, desto höher ist der Spritverbrauch.
Vor dem Wechsel sollte eine genaue Prüfung des Reifenzustandes und des Profils erfolgen. Der Gesetzgeber schreibt zwar nur 1,6 Millimeter Profiltiefe vor. «Bei Nässe nimmt die Haftung jedoch schon bei einer Profiltiefe von vier Millimetern deutlich ab», mahnt ADAC-Mitarbeiter Maximilian Maurer. Aus Sicht des Dekra-Reifensachverständigen Franz Nowakowski sollten Reifen «höchstens sechs Jahre alt sein». Nach Dekra-Studien steigt bei älteren Reifen das Ausfallrisiko drastisch an – und parallel dazu die Gefahr lebensbedrohlicher Reifenplatzer.
Ob ein Reifen sein kritisches Alter bereits erreicht hat, können Fahrzeugbesitzer aus der vierstelligen DOT-Nummer erschließen, die an der Reifenflanke eingeprägt ist. Die Nummer 3306 zum Beispiel bedeutet, dass der Reifen in der 33. Kalenderwoche des Jahres 2006 hergestellt wurde. Reifen mit dreistelliger Nummer stammen noch aus den 1990er Jahren und sollten schleunigst ersetzt werden.
Noch eine Kontrolle: Weisen die Sommerpneus Risse, Beulen oder Einstiche auf, sind sie ein Fall für die Werkstatt oder sogar die Abfalltonne. Ein ungleichmäßig oder einseitig abgefahrenes Profil deutet zudem auf eine fehlerhafte Fahrwerkeinstellung oder defekte Stoßdämpfer hin. Deshalb ist auch hier der Fachmann gefragt. Wichtig ist es darüber hinaus, die Räder von Vorder- und Hinterachse paarweise – nicht über Kreuz – zu tauschen, damit sie sich gleichmäßig abnutzen. Anschließend den Luftdruck laut Betriebsanleitung anpassen.
Die Winterreifen haben jetzt Pause. Dabei ist es hilfreich, die Reifen nach ihrer Position am Fahrzeug zu markieren, beispielsweise VL für vorne links, sie danach zu reinigen und in einem trockenen, kühlen und dunklen Raum zu stapeln oder aufzuhängen. Übrigens: Wer selbst keinen Platz zur Aufbewahrung der Reifen hat, kann diese in einem Kfz-Betrieb einlagern. Allerdings empfiehlt sich zuvor eine kleine Preisumfrage; die Lagertarife können sehr unterschiedlich sein.