Karen Becker aus Brandenburg hat eine ungewöhnliche Karriere gemacht
Erfolg mit schrill-bunten Handytaschen
Hangelsberg (dapd). Karen Becker blickt auf ihren Computer und telefoniert gleichzeitig mit einem amerikanischen Geschäftspartner. Sofort danach nimmt die Unternehmerin den Anruf eines ihrer Kinder entgegen, nebenbei gibt sie ihrem Assistenten Anweisungen. Was viele andere ziemlich stressen würde, ist für die 35-jährige Firmenchefin der Katinkas GmbH in Hangelsberg südöstlich von Berlin Alltag. Und den meistert die vierfache Mutter mit einer erstaunlichen Gelassenheit.
Die gebürtige Berlinerin schaffte es innerhalb weniger Jahre von der ungelernten Hartz-IV-Empfängerin zur Chefin eines Unternehmens in Ostbrandenburg, das weltweit mit Handytaschen und -schutzhüllen im Geschäft ist. Unter dem Namen „Katinkas“ und dem Chamäleon im Firmenlogo vertreibt sie das Zubehör in schrillen Farben, auffälligen Mustern und ungewöhnlichen Materialien.
„Wir haben hochwertige Ledertaschen im Angebot, aber auch Kunststoff-Gummi-Kreationen sowie Varianten aus Holz oder Bambus“, sagt Becker. Sie lässt ihre Produkte in China und Taiwan sowie in der Türkei und den USA produzieren.
Ihr beruflicher Weg ist ungewöhnlich. Mit 18 wird sie zum ersten Mal schwanger, schmeißt kurz vor dem Abitur die Schule und wandert mit ihrem damaligen Freund nach Nicaragua aus. Kurze Zeit später ist sie allein mit ihrem Baby, kauft sich eine 14 Hektar große Farm am Strand, lebt dort zunächst ohne Strom und fließendes Wasser, lernt ihren heutigen Ehemann Marco kennen, bekommt drei weitere Kinder.
„Der Kinder wegen sind wir 2004 nach Deutschland zurückgekehrt“, erinnert sie sich. Vom Erlös aus dem Farmverkauf erstehen sie ein Haus in einem Nachbarort von Hangelsberg. Beckers Mann bekommt Arbeit bei einer Zeitarbeitsfirma, sie bleibt mit den Kindern zu Hause.
„2007 kam das iPhone auf den Markt. Ich kaufte es und suchte eine Schutzhülle dafür. Die gab es aber in ganz Europa nicht“, beschreibt Becker, wie es zu ihrem beruflichen Neustart kam. Im Internet entdeckte sie einen amerikanischen Anbieter, die Existenzgründerin übernahm den Vertrieb in Europa, war binnen kürzester Zeit in großen Elektronikketten gelistet. „Wenn man locker bleibt und sich nicht verstellt, hilft das im Geschäft unheimlich. Auch Schlipsträger sind nur Menschen“, sagt sie.
„Ich machte mir allerdings Gedanken – was kommt danach“, gesteht die Wahl-Brandenburgerin, die keine abgeschlossene Berufsausbildung hat, aber vor zweieinhalb Jahren begann, ihre eigene Marke zu entwickeln. Katinka nannte die Mutter sie als Kind, und den Spitznamen hat sie aufgegriffen. „Katinkas“ Handytaschen und -schutzhüllen gibt es heute in 1.600 unterschiedlichen Versionen.
Allein im vergangenen Vierteljahr verkaufte die Firma laut Becker 300.000 Stück in ganz Europa. Gerade hat sie sich eine Versandfirma als Geschäftspartner genommen, da das Katinkas-Team aufgrund der vielen Kunden-Anfragen kaum noch hinterherkomme.
Auch die Industrie- und Handelskammer (IHK) Ostbrandenburg sieht das Unternehmen auf Erfolgskurs. Die Firma expandiere und verzeichne ein deutliches Umsatzwachstum, sagt die IHK-Teamleiterin Starthilfe/Unternehmensförderung, Uta Häusler, in Frankfurt (Oder). Es sei erkennbar, dass man im Internet international sehr erfolgreich Geschäfte machen könne.
Becker hat nach eigenen Angaben inzwischen 22 festangestellte Mitarbeiter in den Firmenräumen auf einem ehemaligen Militärgelände und etwa 40 freie Außendienst-Beschäftigte. Die Katinkas-Chefin interessieren in erster Linie nicht Berufsabschlüsse und Papiere, sondern Talente. „Wer zu mir kommt, kann sich ausprobieren und sehen, was zu ihm passt“, sagt die einstige Sozialhilfeempfängerin, die einige ehemalige Hartz-IV-Bezieher aus der Region, aber auch Arbeitskräfte aus Kuba, Kolumbien, Nicaragua, Spanien, England und den USA beschäftigt.
Zeit für die Familie bleibt Becker kaum. Ehemann Marco schmeißt den Haushalt. Hätte sie mehr Zeit, würde sie diese in „irgendein neues Projekt“ stecken, ist die 35-Jährige überzeugt. „Urlaub habe ich schließlich am Strand in Lateinamerika für dieses Leben genug gemacht“, sagt Becker.