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Kühle Reaktionen auf Herabstufung von neun Euro-Schuldenstaaten

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Kritik an Ratingagenturen – Frankreich verliert Bestnote

Berlin/Paris (dapd). Nach der Herabstufung von neun Eurostaaten durch die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) haben Wirtschaftsexperten und Politiker gelassen reagiert. Als die ersten Gerüchte am Freitagnachmittag aufkamen, gaben Euro und Börsenkurse zwar nach, ein Absturz blieb aber aus. CDU-Politiker nutzen die Herabstufung am Samstag, um ihre Kritik an den Ratingagenturen zu erneuern. Den angelsächsisch dominierten Marktführern wollen sie eine europäische Bewertungsagentur entgegensetzen.

Für den Fortgang der Euro-Rettung fällt am stärksten ins Gewicht, dass Frankreich die Bestnote AAA verlor und auf AA+ herabgestuft wurde. Österreich erging es genauso. Die verschlechterte Bewertung der Kreditwürdigkeit könnte es dem Euro-Rettungsfonds EFSF erschweren, sich günstig Geld zu leihen.

„Ich halte das nicht für dramatisch, auch die USA und Japan haben kein AAA mehr“, sagte dagegen der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, der Nachrichtenagentur dapd. Washington und Tokio könnten sich problemlos Geld zu niedrigen Zinsen leihen. „Für den Ausgang der Eurokrise ist die Kreditwürdigkeit von Italien und Spanien entscheidend“, sagte der Ökonom. Dabei komme es aber mehr auf die Fortschritte der Haushaltssanierung an als auf das Rating.

Die Kreditwürdigkeit Italiens wurde von der Note A um zwei Stufen auf BBB+ gesenkt. Die Kreditwürdigkeit Spaniens wird statt wie bisher mit AA- fortan mit der Note A bewertet. Die Bewertung von Portugal und Zypern wurde ebenfalls um zwei Stufen gesenkt. Betroffen von einer Herabstufung waren auch Malta, die Slowakei und Slowenien. Deutschland behielt hingegen seine Spitzenbewertung.

„Unserer Ansicht nach waren die politischen Initiativen der vergangenen Wochen nicht ausreichend, um den anhaltenden systemischen Belastungen der Eurozone angemessen zu begegnen“, hieß es in der Begründung von S&P. Bereits im Dezember hatte die Ratingagentur 15 europäische Staaten vor einer Abstufung gewarnt und mehr Einsatz im Kampf gegen die Schuldenkrise gefordert.

Der CDU-Wirtschaftsexperte Michael Fuchs bezeichnete die Herabstufungen als ungerechtfertigt. Im Deutschlandfunk sagte er, unlängst habe die Ratingagentur Fitch erklärt, für Frankreich sei eine Herabstufung im laufenden Jahr unwahrscheinlich. Nach seinem Eindruck betrieben die angloamerikanischen Ratingagenturen selbst Politik, um von der Lage im eigenen Wirtschaftsraum abzulenken.

Ähnlich äußerte sich sein Parteikollege Michael Meister. Der Unions-Fraktionsvize forderte eine Reaktion des Gesetzgebers. Das Ziel müsse sein, die Bedeutung der Ratings zurückzunehmen in ihrer Wertigkeit, sagte der CDU-Politiker. Auch müsse es „im Ratingbereich mehr Wettbewerb geben“, sagte Meister in Kiel. Das sei einerseits eine Bitte an die Europäische Kommission, die die Wettbewerbsaufsicht habe. Andererseits müsse auch überlegt werden, „ob wir nicht in Europa eine weltweit tätige Ratingagentur errichten können“.

Fuchs fügte hinzu, der Aufbau einer eigenen europäischen Ratingagentur wäre „ein teures Spiel“, da wäre „eine Milliarde weg“. Gleichwohl müsse die Gründung in Europa aber möglich sein.

Die Herabstufung der Bonitätsnoten könnte die Kreditkosten für die betroffenen Staaten in die Höhe treiben, da Anleger eine finanzielle Kompensierung für das gestiegene Risiko erwarten. Der europäische Rettungsfonds EFSF selbst verfügt derzeit noch über die Bestnote AAA.

Die Herabstufung Frankreichs dürfte jedoch langfristig ein Loch in die Finanzierung reißen. Der französische Anteil von rund 160 Milliarden Euro kann nun vermutlich nicht länger für die Ausgabe von AAA-Anleihen zur Finanzierung von Rettungsprogrammen für Pleitekandidaten genutzt werden. Ohne den Anteil aus Paris schmölze die Kreditsumme auf unter 300 Milliarden Euro.

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