Lidl belebt Mindestlohndebatte im Einzelhandel
Berlin. Der Discounter Lidl hat sich für Mindestlöhne im Lebensmitteleinzelhandel ausgesprochen. «Damit würde die Möglichkeit und der Missbrauch von Lohndumping, der auch vereinzelt im Handel zu sehen ist, unterbunden», hieß es in einem am Mittwoch bekanntgewordenen Brief von Lidl-Aufsichtsratschef Klaus Gehring an den Bremer Wirtschaftsprofessor Rudolf Hickel. Darin wies Gehring Aussagen Hickels zurück, denenzufolge die schlechte Bezahlung bei Discountern wegen des enormen Kostendrucks Strategie sein soll.
Lidl beschäftige mehr als 50 000 Mitarbeiter, die über Tarif verdienen, hieß es weiter. Dabei liege der durchschnittliche Stundenlohn im Verkauf bei derzeit rund 13 Euro. Zugleich seien Urlaubs- und Weihnachtsgeld «selbstverständlich».
Die Gewerkschaft ver.di begrüßt «jeden Vorschlag, der uns weiterbringt» in der Debatte um eine verbindliche Lohnuntergrenze. Mit Blick auf die Diskussion um Leiharbeit sagte eine Sprecherin, dass ein Mindestlohn aber nicht das Hauptproblem sei. Zugleich verwies sie darauf, dass es in der Branche Arbeitgeber gebe, die eine Lohnuntergrenze befürworteten. ver.di sei bei dem Thema weiter gesprächsbereit. Ein Mindestlohn dürfe allerdings nicht unter der Hälfte des derzeitigen Durchschnittlohns von etwa 12 bis 13 Euro pro Stunde liegen, sagte sie.
Laut Einzelhandelsverband (HDE) wird zusammen mit den Gewerkschaften eine neue Tarifstruktur erarbeitet, «zu der auch ein für alle verbindliches tarifliches Mindestentgelt gehören soll». Mit einem Ergebnis werde bis zum Frühjahr 2011 gerechnet, sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth am Mittwoch. Allerdings sei ein gesetzlicher Mindestlohn «weder jetzt noch in Zukunft notwendig». Diese Auffassung vertrete auch Lidl, sagte ein Sprecher.
Weiter verwies der HDE darauf, dass es bereits heute tarifliche Mindestlöhne im Einzelhandel gebe, die je nach Bundesland zwischen 7,00 und 8,50 Euro liegen. Im deutschen Einzelhandel sind nach Verbandsangaben etwa 2,9 Millionen Mitarbeiter beschäftigt, davon 1,9 Millionen sozialversicherungspflichtig. Weitere 930 000 Beschäftigte seien geringfügig Entlohnte.
ddp.djn/jwu/rab