Während sich „Business Casual“ und „Smart Casual“ in Start-ups und sogar etablierten Unternehmen immer mehr durchsetzen, hält sich in einigen Branchen die klassische Geschäftskleidung wacker. Im Bankensektor, in Anwaltskanzleien und in vielen Büros soll sie Hierarchien abbilden und den Zusammenhalt unter den Kollegen stärken. Zwei durchaus nachvollziehbare Gründe, die allerdings wenig Spielraum für den Ausdruck eigener Persönlichkeit lassen. Angesichts eines mehr oder weniger stark vorgegebenen Dresscodes sind oft nur minimale Anpassungen möglich, etwa bei der (grundsätzlich stets gedeckten) Tönung des Sakkos, der Schuhform, der Krawattenfarbe oder dem Stil der Manschettenknöpfe.
Eine überraschend starke und dennoch subtile Wirkung entfaltet beim Gegenüber auch ein weiteres modisches Detail: der Hemdkragen, der auf jedem Führungsstab-Foto mit im Bild ist und bei Büsten von wichtigen Persönlichkeiten in aller Regel ebenfalls in Stein gemeißelt wird. Genau wie die anderen Einzelteile des „Business Attire“ muss er perfekt zum Träger passen, denn die Aufgabe des Kragens ist die vorteilhafte Rahmung des Gesichts, und das ist schließlich bei jedem auch unterschiedlich. Ein tadelloser Sitz erbringt den Beweis für gelebte Eleganz, Seriosität und ein Auge fürs Detail. Ein verrutschter oder gewellter Kragen dagegen kann den Eindruck erwecken, man wäre bei der morgendlichen Ankleide nicht ganz fertig geworden oder zumindest unter Zeitdruck geraten.
Unabdingbar, aber unkompliziert
Genau wie beim Hemd an sich gibt es auch bezüglich des Kragens ein paar Regeln, die jedoch deutlich unkomplizierter ausfallen als vielleicht angenommen. So gilt im Allgemeinen, dass lange und spitz zulaufende Kragenflügel in einem Winkel zwischen 45 und 90 Grad eher für Träger mit kurzem Hals und rundem Gesicht geeignet sind; weit gespreizte Flügel mit bis zu 180 Grad Winkel – der aktuelle Trend – sollten dagegen hauptsächlich von hochgewachsenen Männern mit drahtiger Statur, langem Hals und schmalerem Gesicht getragen werden (Ausnahmen bestätigen die Regel). In jedem Fall sollte die Breite der Krawatte sowie deren Knotenform an die Art des jeweiligen Kragens angepasst sein.
Anhand dieser Richtlinien lässt sich die große Zahl an verschiedenen Kragenformen auf zwei grundsätzlich fürs Business geeignete Optionen herunterkürzen: Der klassische Kent-Kragen gehört zu den spitzen Formen, ist eher unauffällig und passt mit fast jedem Krawattenknoten zusammen. Der weit gespreizte Haifisch-Kragen wiederum weist einen größeren Freiraum zwischen den Kragenspitzen auf, der zum Beispiel mit einem entsprechend großen einfachen oder doppelten Windsor-Knoten gefüllt werden will. Der Kragen setzt damit eine gewisse Übung im Krawattenbinden voraus und der Träger strahlt damit Stilsicherheit und Modebewusstsein aus. Variationen dieser beiden Basisformen ergeben verschiedene Höhen des Kragens und der Kragenflügel. Außerdem können angebrachte Nadeln und Knöpfe Akzente setzen, sie sind dann aber eher bei legereren oder auch feierlichen Anlässen, nicht aber in Geschäftswelt und Beruf angebracht.
Wenn es einem an den Kragen geht
Der richtige Kragen lässt einen persönlichkeitsstark wirken, ein falscher kann aber das genaue Gegenteil erreichen. Sobald das Hemd zugeknöpft oder der Schlips gebunden ist, wird es für viele Männer schnell eng um den Hals, die Sauerstoffzufuhr zum Gehirn wird gar verringert und die Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz lässt nach. Dies ist vor allem dann ärgerlich, wenn das Hemd der Wahl ansonsten einwandfrei sitzt und man nur für einen etwas weiteren Kragen gleich ein Hemd in einer Nummer größer kaufen müsste.
Natürlich kann man die Krawatte hin und wieder ungesehen lockern, steht dann aber schnell da wie ertappt, wenn der Chef auf einen Sprung vorbeischaut. „Lifehacks“ wie Kragenerweiterungen oder gar Gummibänder, die man zwischen Knopf und Knopfloch befestigt, können provisorisch helfen – es wird aber umso peinlicher, wenn die kleinen Hilfsmittel unter einer schlampig gebundenen Krawatte hervorblitzen. Manch ein Hersteller von Business-Hemden hat das Problem erkannt und wirbt mit knopflosen Kragen, die mehr Komfort bieten und dank einer „speziellen Schnittführung“ trotzdem einwandfrei sitzen sollen. Wenn jedoch das Lieblingshemd im Laufe der Zeit wie von selbst zu schrumpfen scheint, kann das an zu heißer Glättung durch die beauftragte Reinigungsfirma oder aber (Gott behüte!) an der Schilddrüse liegen. Machte es dagegen schon von Anfang an Probleme, ist auf die wichtigste Regel bezüglich der Kragenweite nicht geachtet worden: In Höhe des Adamsapfels sollte zwischen Hals und Stoff genau ein Finger Platz bleiben.
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