Mit „postheroischem“ Management und aktiv betriebenem Wandel zum Erfolg im B2B
Beim TAG DER INDUSTRIEKOMMUNIKATION, der B2B-Leuchtturm-Veranstaltung des Bundesverband Industrie Kommunikation e.V. (bvik) am 28. Juni 2016 im Veranstaltungsforum Fürstenfeld in Fürstenfeldbruck, standen Zukunftstrends des B2B-Marketing im Fokus. Rund 150 Marketingentscheider erfuhren von hochkarätigen Speakern in inspirierenden Vorträgen, wie die Digitalisierung aller Prozesse ihre Arbeit beeinflusst, welche Megatrends die Branche in Zukunft beherrschen werden und wie man diese Veränderungen und den Wandel durch kluges Management entscheidend aktiv mitgestalten kann.
„Veränderungen können Spaß machen“, erklärt TRENDBEOBACHTER Mathias Haas. Für ihn werden Innovationen jedoch überschätzt. „Neue Themen kommen aus dem Nichts, werden wichtig, werden unwichtig und fliegen dann.“ Aus diesem Grund müsse man sich nicht immer wieder neu erfinden und jeden Trend mitgehen, sondern sich vor allem Zeit nehmen, genau zu beobachten und nachzudenken. Dem Marketing komme dabei die wichtige Aufgabe zu, Visionen zu formen und zu verpacken – nach innen wie nach außen. Ein Megatrend, der bereits seit einigen Jahren Einzug hält und besonders im B2B-Bereich zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist die Kommunikation über Social-Media-Kanäle.
Dass heute kein Weg mehr am digitalen Marketing vorbeiführt, machte Heino von Dreele, Head of Marketing der Schuler Pressen GmbH, bei der Podiumsdiskussion zum Thema „Starke Marken heute – starke Marken morgen. Fluch und Segen der Digitalisierung in der B2B-Kommunikation“ deutlich: „Die neuen Möglichkeiten, die sich durch die Digitalisierung eröffnen, können ein echter Segen für die Marke sein. Digitales Marketing ist aber kein Selbstläufer und nicht jedes B2B-Unternehmen verfügt schon über das spezifische Know-how, das dafür notwendig ist.“ Seiner Meinung nach benötigt man neben Expertise und Ressourcen vor allem eine gut durchdachte Strategie, um die Chancen der digitalen Transformation für das eigene Marketing nutzen zu können.
Authentizität und Messbarkeit als Erfolgsfaktoren
So sieht es auch Julius van de Laar, Kampagnen- und Strategieberater, der Barack Obama als hauptamtlicher Wahlkämpfer 2008 zum Wahlsieg verhalf. Für ihn ist Big Data der Schlüssel, um Zielgruppen im Social Web effektiv zu identifizieren und zu mobilisieren. „Für Marketingentscheider der Industrie eröffnen sich neue Perspektiven für ihre Online-Kampagnenstrategie, wenn sie es schaffen, ihre Wettbewerber mithilfe von technischer Innovation, Datenanalysen und integriertem Multi-Channel-Marketing hinter sich zu lassen“, erklärt van de Laar. Sein Rat für Marketingentscheider: „Seien Sie authentisch in allem, was Sie tun, auch im Social-Media-Bereich. Und messen Sie alles, was Sie tun, denn Testen und Messen ist essenziell, um effizienter zu werden!“
Diese Empfehlung wird von der Liebherr-International Deutschland GmbH bereits beherzigt, wie Tobias Ilg, Social Media Manager des Unternehmens, in seinem Best-Practice-Vortrag eindrucksvoll darstellte. Bei der Produkteinführung des Drehbohrgeräts LB 44 setzte Liebherr auf Social-Media-Plattformen, um die Bekanntheit zu steigern und Leads zu generieren. Das Ziel war es, den LB 44 als neues Flagschiff bei Entscheidern zu positionieren. Für die Kampagne wurde dem noch unbekannten Produkt der geheimnisvolle Name „Mr. Torque“ gegeben und die Zielgruppe auf eine spannende Spurensuche durch verschiedene Social-Media-Kanäle geschickt. Anhand versteckter Hinweise konnten die User auf spielerische Art herausfinden, um welche Art von Gerät es sich handelt. „Wir haben es als Chance gesehen, in den multimedialen Bereich zu investieren und das Produkt in sozialen Medien zu inszenieren. Mit speziell zugeschnittenem Highlight-Content in Form von Zusatzinhalten oder Microsites haben wir gezielt die Vorzüge unserer Produktinnovation erläutert und dadurch unsere Zielgruppe nachweislich erreicht“, sagt Ilg, der den Erfolg der Kampagne mit Zahlen belegen kann: Liebherr erreichte über Social Media fast 4,5 Mio. Menschen, darunter zehn Prozent als „engaged user“ sowie zwei Millionen Views des Produktfilms. Am Ende verkaufte das Unternehmen drei Drehbohrgeräte LB 44, wobei zwei Käufe eindeutig als neue Kontakte aus den sozialen Netzwerken zu tracken waren. Ein beeindruckendes Erfolgsbeispiel moderner Unternehmenskommunikation.
Soziale Vernetzung statt hierarchisches Management
Prof. Dr. Christian Blümelhuber, Professor für Strategische Organisationskommunikation an der Universität der Künste in Berlin, erweitert den Blick von der Praxis auf neueste wissenschaftliche Erkenntnisse. Er bezeichnet die Gegenwart als „Hyper Moderne“, die nach dem Prinzip der Mode funktioniere und auch die Kommunikation betreffe: „Es gibt kontinuierlich Neuheiten und obwohl man sich ständig updated, ist man eigentlich immer zu spät dran. Denn wir Menschen warten grundsätzlich immer auf die nächste Erneuerung.“ Die Messbarkeit spielt aus seiner Sicht in diesem Veränderungsprozess keine zentrale Rolle. „Man kann nicht alles messen und oft hat man keine Kontrolle über das Ergebnis. Keiner von uns kennt die Zukunft, aber wir müssen uns dennoch auf diese Zukunft vorbereiten“, erklärt Blümelhuber.
Ein Patentrezept für die richtige Art zu kommunizieren gibt es seiner Meinung nach nicht. Er weist aber darauf hin, bei der Digitalisierung die menschliche Komponente unbedingt zu beachten: „Vergesst B2B! Es geht um B2P, also ‚Business to Person’. Da hinter jedem Business eine Person steht, ist jede Form der Kommunikation ‚People to People’.“ Man müsse sich bewusst sein, dass Menschen die Entscheidungen treffen und nicht Algorithmen und Bots.
In den sozialen Netzwerken sieht Prof. Dr. Christian Blümelhuber eine „Verlinkungsmaschine“, die dem Prinzip des ständigen Updatens folgt. Dadurch entstehe die Chance, die Kommunikation und das Marketing auf eine neue Ebene zu heben. Das Zentrum dieses neuen Kommunikationsprozesses bilde dabei die Vernetzung. „Im Netzwerk hat man die Möglichkeit, kurzfristiger und schneller auf neue Marktsituationen zu reagieren“, erklärt er. Aus diesem Grund sei es wichtig, dass Unternehmen – auch im B2B-Bereich – nicht hierarchisch agieren, sondern die Mitarbeiter partizipieren und sich austauschen. Dieses „postheroische Management“ zeichnet sich durch integrative Kooperation und immer jünger werdende Entscheidungsträger aus, die auf innovative Themen setzen. Dadurch werden die Werte des Unternehmens und die Marke gestärkt, wie Blümelhuber deutlich macht: „Social creates value.“
Den Wandel sinnvoll gestalten
Dass regelmäßige Veränderungen und ein Wandel in den verschiedensten Lebensbereichen, aber vor allem in Unternehmen, unausweichlich und notwendig sind, machte der bekannte Schauspieler und Coach Lutz Herkenrath in seinem Vortrag „Den Wandel gestalten statt erleiden!“ beim TAG DER INDUSTRIEKOMMUNIKATION deutlich. „Wecken Sie Ihren Anfängergeist! Es ist immer gut, wenn man etwas neu lernen möchte und immer wieder neu anfängt“, ermutigt Herkenrath. Man müsse sich aber bewusst sein, dass durch den Wandel nichts mehr so ist, wie es vorher war. „Wenn wir in den Wandel gehen, brauchen wir alle Ressourcen und somit alle Mitarbeiter. Ergebnisse können kurzfristig schlechter werden, dies sollte man vorher deutlich kommunizieren.“ Zugehörigkeit, Anerkennung, Autonomie und Sinnhaftigkeit sind für ihn zentrale Elemente des Prozesses. „Auch Widerstand der Mitarbeiter muss gesehen und beachtet werden, selbst wenn man ihn nicht teilt. Jeder Widerstand, der vom System nicht anerkannt wird, richtet sich später gegen das System“, warnt er. Die Sinnkonstruktion sei deshalb für jede Aufgabe und jede Art von Veränderung unerlässlich. „Geben Sie allem, was Sie tun, einen Sinn. Denn Menschen, die den Sinn gefunden haben, leuchten“, resümiert Herkenrath.
Planungen für 2017 laufen bereits
Der B2B-Branchentreff des bvik endete stimmungsvoll mit der NACHT DER INDUSTRIEKOMMUNIKATION in Innenhof und Tenne des ehemaligen Zisterzienserklosters. Die Networking-Gespräche wurden begleitet vom musikalischen Stargast Sarah Straub, der mehrfachen Gewinnerin des Deutschen Rock- und Pop Preises. Kai Halter, Vorstandsvorsitzender des bvik, blickt bereits mit großen Erwartungen auf das fünfjährige Jubiläum des TAG DER INDUSTRIEKOMMUNIKATION am 22. Juni 2017 in Fürstenfeldbruck. „Ich war sehr beeindruckt von der durchgehend hohen Qualität der Vorträge, die den Teilnehmern Inspiration und neue Impulse für die tägliche Arbeit gegeben haben. Die gelöste Stimmung und die zufriedenen Gesichter der Anwesenden zeigten, dass die Veranstaltung ein voller Erfolg war. Mit dem hochkarätigen Programm haben wir Maßstäbe gesetzt, an denen wir uns auch nächstes Jahr messen lassen müssen. Die Planungen für den TAG DER INDUSTRIEKOMMUNIKATION 2017 als B2B-Branchentreff Nummer eins wurden in der bvik-Geschäftsstelle bereits gestartet.“
Quelle: Bundesverband Industrie Kommunikation e.V.