Neue Techniken sollen Energiewende ermöglichen
Argenthal/Berlin (dapd). Ein gutes Jahr nach Verkündung der Energiewende bemühen sich Forschung und Industrie verstärkt um neue Techniken zur Übertragung und Speicherung von Strom. Der Energiekonzern RWE zog am Donnerstag auf einer Leitung bei Argenthal im Hunsrück ein sogenanntes Hochtemperatur-Leiterseil auf, das Strom aus Windkraft aus der Region heraus in die Netze transportieren kann. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) erklärte derweil Energiespeicher zur Voraussetzung für die Energiewende.
Gerade mit Blick auf den notwendigen Ausgleich der schwankenden Netzeinspeisung aus Solar- und Windenergieanlagen komme den Energiespeichern eine wichtige Rolle zu, sagte Rösler bei einem Besuch des Stuttgarter Standortes des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Das Bundeswirtschaftsministerium hat 2011 gemeinsam mit dem Umwelt- und dem Forschungsministerium die Förderinitiative „Energiespeicher“ gestartet und dafür Fördermittel bis zu 200 Millionen Euro bereitgestellt.
Hochtemperatur-Seil kann Windenergie schnell abtransportieren
Das Hochtemperatur-Leiterseil setzt dagegen an einer anderen Stelle an. Es soll helfen, die Kapazität im bestehenden Stromverteilnetz zu erhöhen, ohne dass eine neue Trasse gebaut werden muss. Bei dem Projekt komme die neue Technik das erste Mal in Deutschland im Realbetrieb zum Einsatz, erklärte der zuständige RWE-Vorstand, Joachim Schneider.
Das Seil kann demnach auf einer Strecke von zwölf Kilometern zwischen Simmern und Rheinböllen wegen seines Kerns aus Karbon auf 175 Grad erhitzt werden, ohne zu stark durchzuhängen. Herkömmliche Leitungen sind hingegen nur für Temperaturen bis 80 Grad ausgerichtet. Mit der neuen Technik könne doppelt so viel Strom transportiert und auch auf den kurzfristigen Anstieg der Energie durch Windkraft reagiert werden, sagte Scheider.
Unterdessen wehrten sich die energieintensiven Industrien gegen Vorwürfe, sie würden beim Strompreis unberechtigterweise bevorzugt. „Steigende Preise für Privatkunden gehen nicht auf die Entlastung für die energieintensiven Industrien, sondern auf unkontrolliertes Wachstum der erneuerbaren Energien, vor allem der Photovoltaik, zurück“, sagte der Sprecher der Energieintensiven Industrien Deutschland (EID), Martin Kneer. Er forderte eine grundlegende Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG).
„Wir wollen nicht den Schwarzen Peter zugeschoben bekommen“, sagte Kneer, der auch Hauptgeschäftsführer der Wirtschaftsvereinigung Metalle ist. Zum EID haben sich sechs Branchen zusammengeschlossen, die zusammen 875.000 Beschäftigte zählen. Der Zusammenschluss hat errechnet, dass von der Umlage in Höhe von 3,6 Cent pro Kilowattstunde rund 0,6 Cent auf Entlastungen der Industrie entfallen.
Umwelthilfe droht Regierung mit Beschwerde in Brüssel
Derweil warf die Deutsche Umwelthilfe (DUH) der Bundesregierung vor, versteckte Beihilfen von mehr als 20 Milliarden Euro für energieintensive Industrien zu planen. Die Fortschreibung des sogenannten Spitzenausgleichs, einer Kompensation für hohe Ökosteuerzahlungen, sei nur auf dem Papier an relevante Verbesserungen bei der Energieeffizienz gekoppelt. Trete die Regelung ab 2013 in Kraft, werde die Umwelthilfe Beschwerde bei der EU einlegen.