Ohne Arzneimittelinnovationen kein medizinischer Fortschritt
Berlin – Die pharmazeutische Industrie forscht intensiver als die Luft- und Raumfahrtbranche. Das zeigen die kürzlich erschienenen Pharmadaten 2013 des Bundesverbandes der pharmazeutischen Industrie (BPI). Demnach investierten pharmazeutische Unternehmen in Deutschland zuletzt rund 14 Prozent des gesamten Branchenumsatzes in die Erforschung und Entwicklung neuer Medikamente. Die Luft- und Raumfahrtbranche investierte hingegen nur knapp zwölf Prozent ihres Umsatzes in innovative Produkte. Natürlich wird in den pharmazeutischen Laboren nicht jeden Tag das Rad neu erfunden, oft geht es Schritt für Schritt voran. Jeder kleine Schritt nach vorn kann die Situation für die Patientinnen und Patienten aber deutlich verbessern. Und manchmal gelingen auch die ganz großen medizinischen Durchbrüche, wie der Pharmazieprofessor Dr. Theodor Dingermann von der Goethe-Universität in Frankfurt am Main zu berichten weiß:
O-Ton1: „Was mir hier spontan einfällt, ist zum Einen der unglaubliche Fortschritt, der gemacht worden ist bei der HIV-Therapie, der dazu geführt hat, dass eine tödliche Infektionskrankheit mittlerweile gesehen wird als eine chronische, zwar lebensbedrohliche, aber chronische Infektionskrankheit. Und diese Entwicklung wird im Moment gespiegelt bei der Behandlung der Hepatitis C-Infektion, mit unglaublichen Perspektiven.“
Ohne Arzneimittelinnovationen gibt es keinen medizinischen Fortschritt. Und doch wachsen die Anforderungen, die Behörden an neue Medikamente stellen, ständig. So werden brandneue Präparate in Deutschland nach der Zulassung erst einmal hinsichtlich ihres Zusatznutzens bewertet. Diese aufwändige Bewertung zielt auf Einsparungen im Gesundheitssystem ab. Viele positive Gesundheitseffekte eines Medikaments werden dabei aber nicht berücksichtigt. So regulieren zum Beispiel bestimmte Diabetesmedikamente nicht nur den Blutzuckerspiegel, sondern senken auch das Gewicht, was sich positiv auf den allgemeinen Gesundheitszustand des Diabetikers auswirkt. Insgesamt werden hierzulande die Hürden für Arzneimittelinnovationen immer höher und der Weg zum Patienten immer länger. Professor Dingermann sieht dies aber als ein lösbares Problem:
O-Ton2: „Wir müssen aus meiner Sicht über Mechanismen nachdenken, wie Innovationen, die sehr wohl bei den Arzneimittelherstellern erarbeitet werden, wie diese Innovationen schneller an den Patienten herankommen. Der Ansatz geht in die Richtung Personalisierte Medizin.“
Die Personalisierte Medizin soll es möglich machen, einzelne Patientengruppen individueller, also auch gezielter zu behandeln oder vor Krankheiten zu bewahren. Seit der Entschlüsselung des menschlichen Genoms kann man zum ersten Mal im Erbgut eines Menschen feststellen, ob er bestimmte genetische Voraussetzungen für eine Krankheit in sich trägt. Aber Vorsicht: Das heißt nur, dass ein erhöhtes Erkrankungsrisiko besteht, die Krankheit muss nicht unbedingt ausbrechen. Mit Hilfe der Genanalyse lassen sich aber nicht nur Krankheitsrisiken bestimmen, sondern auch Aussagen über den individuellen Nutzen von Arzneimitteln treffen. Laut Professor Dingermann liefern die Gene nämlich auch Informationen darüber, wie ein bestimmter Arzneimittelwirkstoff individuell wirkt und was für Nebenwirkungen zu erwarten sind:
O-Ton3: „Das können wir heute bestimmen und zwar im Vorfeld bestimmen und damit diese Wirkstoffe einer kleineren Population zukommen lassen, die allerdings dann mit großer Wahrscheinlichkeit sehr von diesem Arzneimittel profitiert. Einmal hinsichtlich der Wirksamkeit, aber vor allen Dingen auch hinsichtlich der Verträglichkeit.“
Quelle: ots