Opel macht Autofertigung in Bochum Ende 2016 dicht
Bochum (dapd). Die Mitarbeiter sprechen von einem „Tod auf Raten“, aus Sicht von Opel ist es ein Schritt hin zum Überleben des gesamten Unternehmens: Firmen-Chef Thomas Sedran verkündete am Montag auf einer Betriebsversammlung, dass im Bochumer Werk Ende 2016 die letzten Fahrzeuge vom Band rollen. Der Standort soll mit der Erweiterung des Logistikzentrums und einer Komponentenfertigung erhalten werden, aber für viele Opel-Mitarbeiter bedeuten die Pläne wohl das Aus. Der Betriebsrat kündigte Widerstand an und drohte mit Arbeitskampf.
Sedran sprach ausdrücklich nicht von einer Schließung des Werks. Nach 2016 würden in Bochum zwar keine kompletten Fahrzeuge mehr produziert, „aber Opel wird in Bochum weiter präsent sein, nicht nur mit einem Logistikzentrum, sondern auch mit einer im Detail festzulegenden Komponentenfertigung“, sagte er. Derzeit wird an dem Standort neben dem Modell Astra Classic der Familienvan Zafira gebaut, dessen Produktion 2016 ausläuft. Ein neues Zafira-Modell soll nach Angaben des Betriebsrats ab 2017 in einem anderen Werk hergestellt werden.
Das Aus für die Autoherstellung begründete Opel-Interimschef Sedran mit der schwachen Nachfrage in den europäischen Automärkten sowie den Überkapazitäten. Der Opel-Mutterkonzern General Motors macht seit mehr als zehn Jahren Milliardenverluste in Europa und muss seine Produktionskapazität reduzieren. Der Opel-Chef kündigte an: „Wir werden für die Mitarbeiter hier in Bochum gute und vernünftige Wege finden, in enger Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmervertretern und der Stadt Bochum sowie auch mit dem Land Nordrhein-Westfalen.“ Er ließ offen, wie viele Arbeitsplätze erhalten bleiben.
Betriebsrat gibt sich kämpferisch
In dem Logistikzentrum arbeiten nach Angaben eines Opel-Sprechers derzeit 430 Menschen. Die Zahl wolle der Konzern auf mindestens 600 aufstocken. Wie viele Stellen mit der Komponentenfertigung entstehen, sei noch unklar. Der Sprecher sagte, für die 3.000 Mitarbeiter der Fahrzeugfertigung solle es ein Paket mit Maßnahmen wie etwa Vorruhestand oder Wechsel zum Logistikzentrum geben.
Der Opel-Aufsichtsratsvorsitzende Steve Girsky betonte: „Das Ziel der Verhandlungen mit dem Betriebsrat ist es, bis 2016 keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen.“ Opel sei sich seiner sozialen Verantwortung bewusst und werde alles tun, um den Stellenabbau in Bochum fair zu gestalten.
Der Bochumer Betriebsratsvorsitzende Rainer Einenkel gab sich nach der Versammlung mit etwa 2.300 Mitarbeitern kämpferisch: „Wir werden auch nach 2016 in Bochum Autos bauen. Dies ist unsere ganz klare Forderung.“ Es habe schon Dutzende Schließungspläne gegeben. Zum möglichen Arbeitskampf wollte er sich nicht äußern. Er schließe jedoch nichts aus.
Die Mitarbeiterversammlung verlief nach Angaben von Teilnehmern sehr turbulent. Als der Leiter der Vertrauenskörperschaft die drei anwesenden Opel-Vorstände am Verlassen der Halle hindern wollte und weitere Details zu den Plänen verlangte, sei er von Sicherheitsleuten auf den Boden geworfen und gewürgt worden.
Kraft fordert ernsthafte Perspektive für den Standort
Die Bundesregierung bezeichnet das Aus für die Autoproduktion im Bochumer Opel-Werk als „schweren Schlag“ für die Angestellten und den Industriestandort. „Die Bundeskanzlerin und die Bundesregierung bedauern diese Entscheidung ganz außerordentlich“, sagte ein Regierungssprecher in Berlin. Man habe die Erwartung, dass die Firma alles unternehme, um sozialverträgliche Lösungen zu finden.
SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück nannte die Opel-Ankündigung einen Schlag für die betroffenen Arbeitnehmer und ihre Familien. Jetzt komme es darauf an, Bochum als Standort auch nach dem Ende der Automobilherstellung zu erhalten.
NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) sagte, es sei eine „traurige Nachricht“ für Opel und die Beschäftigten sowie die Region und das Land Nordrhein-Westfalen. „Jetzt muss es darum gehen, den Opel-Vorstand beim Wort zu nehmen. Es muss ernsthaft und belastbar an einer Perspektive für den Standort gearbeitet werden“, sagte die Regierungschefin in Düsseldorf. Die Bochumer Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz (SPD) bezeichnete die Pläne als „herben Verlust für die Stadt und die Region.“
Die Stadt ist leidgeprüft in der Schließung von Produktionsstätten. Der finnische Mobiltelefonhersteller Nokia schloss sein Bochumer Werk 2008, 2.000 Arbeitsplätze gingen deshalb verloren. In der Region hängen nach Schätzungen des Betriebsrats etwa 45.000 Arbeitsplätze bei Zulieferern vom Opel-Werk ab.