Optiken aus Bad Kreuznach setzen Hollywood ins rechte Licht
Bad Kreuznach (dapd-rps). Stolz blickt Wolfgang Berger auf das Schwarz-Weiß-Bild. Es ist ein Foto aus dem Weltall, aufgenommen vor mehr als 46 Jahren aus der ersten „Lunar Orbiter“-Sonde des Apollo-Raumfahrtprogramms der NASA. „Es war das erste Mal, dass die Mondoberfläche mit der aufgehenden Erde im Hintergrund abgelichtet wurde“, sagt Berger. Das Objektiv der Weltall-Kamera kam bereits im Jahr 1966 aus Bad Kreuznach.
Der Weinbauer Joseph Schneider hatte das Unternehmen dort im Jahr 1913 als Optische Anstalt Jos. Schneider & Co. gegründet. Auslöser war damals das Patent einer „Einrichtung an einem Cinematographen mit stetig bewegtem Bild zum optischen Ausgleich der Bildwanderung“. Seit 1921 firmiert das Unternehmen unter Jos. Schneider Optische Werke.
In den 1960er Jahren machte sich die Firma, in der Berger heute für das Marketing verantwortlich ist, mit ihren Präzisionsobjektiven auch international als Schneider Kreuznach einen Namen.
Allerdings, verrät Berger, wusste man in der Frühphase noch gar nicht, dass die NASA-Ingenieure sich für die Linsen von der Nahe interessierten. „Anfangs kauften die Amerikaner unsere Objektive einfach im Foto-Fachhandel ein“, berichtet Berger. Kurz darauf belieferte die Firma auch offiziell die US-Raumfahrtagentur – eine imageträchtige Partnerschaft, die noch immer Bestand hat.
Schneider Kreuznach, das sein 100-jähriges Bestehen feiert, setzte im Geschäftsjahr 2011 mehr als 85 Millionen Euro um. Das Unternehmen beschäftigt heute weltweit 660 Mitarbeiter, etwas mehr als die Hälfte davon an seinem Stammsitz in Rheinland-Pfalz.
Das Werksgebäude stammt noch aus den 30er Jahren, drinnen sind Mitarbeiter an Maschinen beschäftigt, sie schleifen und polieren Spezialglas, fräsen Metalle für die Optiken.
Die Fotoobjektive für den Profibereich seien inzwischen nur eine Säule im Produktportfolio der Firma, erklärt Geschäftsführer Josef Staub. Im kalifornischen Los Angeles vertreibe Schneider Kreuznach Filter für Filmkameras. Für einen Infrarot-Filter erhielt das US-Tochterunternehmen jüngst einen Technik-Emmy.
In Asien würden die Optiken zudem in der Fertigungskontrolle für elektronische Geräte wie Smartphones und Tablet-PCs verwendet. Auch in Mautbrücken auf deutschen Autobahnen kommt die Technik zum Einsatz. „Und wenn Sie am Steuer geblitzt werden, ist es gut möglich, dass es ein Schneider-Objektiv war“, sagt Staub und lächelt.
So rosig sah es nicht immer für Schneider Kreuznach aus. Einst stark präsent bei Objektiven für Super-8-Kameras musste das Unternehmen im Jahr 1982 Insolvenz anmelden. Der Markt für die in den 70er Jahren beliebten Schmalfilme war zusammengebrochen und riss auch Schneider Kreuznach in die Krise. Erst mit einem neuen Investor und der Erschließung neuer Geschäftsfelder wie der Fotofilter kam das Unternehmen wieder auf die Beine.
Nun blickt es optimistisch in die Zukunft. Laut Staub wird das Unternehmen auch künftig flexibel bleiben müssen, um auf Markttrends reagieren zu können. „Ein wichtiger Faktor sind künftig sicher OLED-Fernseher mit ultrahochauflösendem Bild“, sagt der Geschäftsführer. Für die nächste Generation der TV-Geräte würden auch neue Kameras benötigt. „Und die brauchen dann auch wieder unsere neuen Optiken“, ist sich Staub sicher.