Populäre Irrtümer im Arbeitsrecht – Teil 2
Das deutsche Arbeitsrecht ist kompliziert. Nicht immer wissen Arbeitnehmer, welche Rechte und Pflichten sie bzw. welche ihr Arbeitgeber hat. So entstehen Vorurteile. Im Paragrafen-Dschungel von Kündigungsfristen, Abfindungsberechnungen, Arbeits- und Aufhebungsverträgen sowie bei der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte fällt die Auslegung des deutschen Arbeitsrechts mitunter schwer, auch gibt es immer wieder Änderungen. Aber einige Mythen bezüglich der gültigen Arbeitsrechtslage halten sich hartnäckig.
Alexander Höcht, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Rechtsanwaltskanzlei Seitz Weckbach Fackler & Partner mbB, stellt richtig:
Befristete Arbeitsverträge können gekündigt werden – falsch!
Wer einen befristeten Arbeitsvertrag unterschreibt, bindet sich damit für einen festen Zeitraum. Befristete Arbeitsverträge sind laut Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) – von beiden Seiten – nicht ordentlich kündbar. Damit hat der Arbeitnehmer zwar für die gesamte Vertragslaufzeit eine Beschäftigungssicherheit, allerdings bindet ihn das auch für diese Zeit.
Wer innerhalb der Vertragslaufzeit z.B. einen besseren Job oder einen Studienplatz bekommen hat, kann deshalb nicht einfach kündigen.
Es sei denn, im befristeten Arbeitsvertrag oder im anwendbaren Tarifvertrag wurde die ordentliche Kündigung vereinbart.
Ansonsten gibt es nur die Möglichkeit, einen Aufhebungsvertrag zu schließen, mit dem der Arbeitgeber aber einverstanden sein muss, so Rechtsanwalt Höcht. Es macht also in einem solchen Falle Sinn, schnellstmöglich offen mit dem Arbeitgeber zu sprechen. Übrigens: Eine außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund ist beim befristeten Arbeitsvertrag auch ohne eine besondere Regelung im Arbeitsvertrag möglich.
Jeder hat Anspruch auf Weihnachtsgeld – falsch!
Schön wär‘s! Weihnachtsgeld ist im Gesetz nicht vorgesehen, also besteht darauf auch kein genereller Anspruch. Weihnachtsgeld ist eine freiwillige Leistung und gehört als Sonderzahlung nicht zum regulären Arbeitsentgelt.
Weihnachtsgeld muss nur dann gezahlt werden, wenn es eine rechtliche Grundlage dafür gibt: im Arbeitsvertrag, im Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder in Form der sogenannten „betrieblichen Übung“.
Eine betriebliche Übung entsteht, wenn der Arbeitgeber eine Leistung in der Vergangenheit mehrmals, z.B. dreimal, vorbehaltlos erbracht hat und der Arbeitnehmer darauf vertrauen durfte, dass er die Leistung in der Zukunft auch erhalten wird. Nach der geänderten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist es aber nicht mehr ohne weiteres möglich, eine betriebliche Übung im Arbeitsvertrag auszuschließen. Die genaue Formulierung im Arbeitsvertag muss daher im Detail geprüft werden, rät Fachanwalt für Arbeitsrecht Höcht.
Kündigung in der Probezeit von heute auf morgen möglich – falsch!
In der Regel wird mit Beginn eines Beschäftigungsverhältnisses eine Probezeit vereinbart. Diese darf höchstens sechs Monate betragen.
Richtig ist, dass in der Probezeit ohne Grund gekündigt werden kann.
Eine Kündigungsfrist gibt es aber trotzdem, in der Regel sind das zwei Wochen.
Diese Frist darf arbeits- und tarifvertraglich verlängert werden. Verkürzte Kündigungsfristen sind dagegen grundsätzlich nur durch den Tarifvertrag möglich. Besonderheiten gelten beim Ausbildungsvertrag, der ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist in der Probezeit (ein bis vier Monate) beendet werden kann. Arbeitsrechtsexperte Höcht weist aber darauf hin, dass Schwangere bereits in der Probezeit einen besonderen Kündigungsschutz genießen. Ihnen kann laut Mutterschutzgesetz auch in der Probezeit nicht einfach so gekündigt werden. Ausnahmen sind besonders schwere Verfehlungen wie etwa Diebstahl oder wenn eine betriebsbedingte Kündigung nötig ist, zum Beispiel, wenn der Betrieb aufgrund einer Insolvenz stillgelegt wird. Aber auch dann muss eine Zustimmung der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle vorliegen, damit die Kündigung zulässig ist.
Quelle: Orizon GmbH/Accente Communication GmbH