Ratlos wegen Griechen-Bürgschaft – Die Politik sieht auch in guten Gegenargumenten keine vernünftige Alternative zur Milliardenhilfe
Berlin. Die von der Bundesregierung beschlossenen Milliarden-Kreditbürgschaft für Griechenland macht Politiker ratlos und empört Experten. Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) sagte am Dienstag, es gebe gute Argumente gegen die Griechenland-Hilfen, doch seien diese keine vernünftige Alternative. Der Unions-Finanzexperte im Bundestag, Manfred Kolbe (CDU), kündigte an, die Hilfen abzulehnen. Der Staatsrechtler Karl Allbrecht Schachtschneider und der Wirtschaftsexperte Hans-Werner Sinn verwiesen auf rechtliche Probleme. Nach einem Onlinebericht der «Bild»-Zeitung braucht Griechenland mehr Geld als im Hilfsprogramm vorgesehen.
Das Bundeskabinett hatte am Montag Bürgschaften für Kredite der staatlichen Förderbank KfW an Griechenland in Höhe von 22,4 Milliarden für die kommenden drei Jahre beschlossen. Sie sind Teil eines Hilfsprogramms im Umfang von insgesamt 110 Milliarden Euro, wovon 80 Milliarden auf die Euro-Zone entfallen. Den Rest übernimmt der Internationale Währungsfonds (IWF). Das Gesetz soll bis Freitag von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden.
Fahrenschon warnte davor, nach Griechenland noch weiteren Ländern Hilfen zu gewähren. «Die Finanzhilfe für Griechenland muss ein außerordentlicher Ausnahmefall bleiben», sagte er. «Es muss verhindert werden, dass sich die Währungsunion sukzessive in eine europäische Transferunion verwandelt.» Die Entscheidung für Finanzhilfen an Griechenland sei sehr schwer.
Der Unions-Finanzexperte Kolbe kritisierte: «Die europäischen Steuerzahler zahlen die Zeche für die Profiteure, die jetzt mit ihren griechischen Staatsanleihen neun Prozent Zinsen kassieren.» Bei jeder normalen Insolvenz müssten Gläubiger mindestens auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten. Den deutschen und griechischen Bürgern sei nicht zu vermitteln, dass ihnen harte Einschnitte bevorstehen, während den Spekulanten über viele Jahre hinweg hohe Zinsen aus ihren griechischen Staatsanleihen garantiert würden.
Schachtschneider sagte: «Diese Hilfsmaßnahmen sind verheerend und verantwortungslos.» Die griechische Produktivität lasse sich nicht durch Milliardenhilfen erhöhen. «Die Griechenland-Hilfe verzögert nur den Zusammenbruch der Währungsunion. Die Schmerzen und Schäden werden langfristig umso größer», sagte Schachtschneider. «Griechenland müsste aus der Euro-Gruppe austreten, seine eigene Währung abwerten und umschulden.« Schachtschneider hat bereits Verfassungsklage gegen die Hilfen angekündigt. «Sie verstoßen gegen das Haftungs- und Einstandsverbot für die Verbindlichkeiten anderer Mitgliedstaaten aus Artikel 125 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union», sagte er. «Die Hilfsmaßnahmen verletzen zudem die Finanzverfassung des Grundgesetzes.»
Sinn sagte, Deutschland dürfe Griechenland zwar freiwillig helfen, doch werde die Hilfe jetzt von der EU organisiert. «Für solche Aktionen muss der Maastrichter Vertrag neu verhandelt werden», sagte Sinn.
Die «Bild»-Zeitung schrieb, das Bundesfinanzministerium taxiere den Finanzierungsbedarf Griechenlands bis Ende 2012 mittlerweile auf 150 Milliarden Euro. Die fehlenden 40 Milliarden Euro sollten am Kapitalmarkt aufgenommen werden. Der Parlamentarische Staatssekretär im Finanzministerium, Steffen Kampeter (CDU) habe am Montag im Haushaltsausschuss des Bundestages nach Angaben von Sitzungsteilnehmern gesagt, wenn Griechenland dort kein Geld bekomme, müssten die Eurostaaten einspringen.
(Weitere Quellen: Fahrenschon, Schachtschneider in der «Passauer Neuen Presse»; Kolbe in der «Leipziger Volkszeitung» (Dienstagausgaben); Sinn in der »Bild“-Zeitung (Onlineausgabe))