Regierung will Solarförderung senken – Branche warnt vor Pleitewelle und sieht Zehntausende Jobs bedroht – Aktienkurse sinken
Berlin. Die Bundesregierung will wie erwartet die Subventionierung von Photovoltaikanlagen noch deutlicher kürzen als bislang geplant. «Der Abbau der Subventionierung ist Ausdruck des Erfolgs der Photovoltaik», begründete Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) am Mittwoch in Berlin seine Pläne, die als Gesetzesvorschlag schon bald vom Parlament verabschiedet werden sollen. Branchenvertreter und Umweltschützer kritisierten das Vorhaben hingegen scharf. Derzeit liegt der Anteil von Solarstrom an der Stromproduktion in Deutschland bei rund einem Prozent.
Bereits in diesem Jahr sollen die Einspeisevergütungen für Solarstrom einmalig um 15 Prozent abgesenkt werden, erläuterte Röttgen. Das Gesetz soll für Dachanlagen nach den Vorstellungen des Ministeriums zum 1. April in Kraft treten, für Freiflächen zum 1. Juli. Für Anlagen auf Ackerflächen sollen zu den 15 Prozent zusätzlich 10 Prozent weniger gezahlt werden. Dagegen soll der Anlagenbau für den Eigenverbrauch stärker als in der Vergangenheit gefördert werden.
Der im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) festgelegte Absenkungsautomatismus soll Röttgen zufolge in der Höhe der vorgesehenen Kürzungen erhalten bleiben. Allerdings soll ein neuer mengenabhängiger Abschlag eingeführt werden. Bei einem jährlichen Zubau ab 3500 Megawatt (MW) soll die feste Absenkung um 2,5 Prozent erhöht werden und alle weitere 1000 MW um weitere 2,5 Prozent. Sollte sich der Markt zurückentwickeln, ist eine um 2,5 Prozent geringere jährliche Absenkung unter 2500 MW und dann alle weitere 500 MW vorgesehen.
Das EEG, mit dem der Anteil erneuerbarer Energien an der Strombereitstellung bis 2020 auf 20 Prozent steigen soll, diene der Markteinführung neuer Technologien, erläuterte Röttgen weiter. Mit zunehmendem Erfolg müsse sich der Staat zurückziehen. Für das laufende Jahr rechnet Röttgen mit einem Neubau von Anlagen im Volumen von «deutlich über 3000 MW». Bereits 2013 soll die Marktparität erreicht werden. «Wir werden 2013 zu den Normalproduktionskosten Solarstrom in Deutschland produzieren», prophezeite Röttgen.
Deutschlands Solarunternehmen bangen hingegen um ihre Wettbewerbsfähigkeit. Der Bundesverband Solarwirtschaft sieht Zehntausende Arbeitsplätze bedroht. «Wenn die zusätzlichen Kürzungspläne im zweistelligen Prozentbereich Gesetz würden, dann wird die Klimapolitik der Bundeskanzlerin zur Makulatur. Dann stehen Dutzende deutsche Solarunternehmen vor der Insolvenz oder wären gezwungen, ihre Produktion aus Deutschland zu verlagern», warnte Verbandspräsident Günther Cramer. In der Solarstrombranche arbeiten rund 60 000 Menschen. An der Börse führten die Solarunternehmen am Mittwoch die Verlierer an.
Scharfe Kritik kam von der Umweltschutzorganisation Greenpeace. «Jetzt zeigt sich das wahre Gesicht der neuen Bundesregierung in der Umweltpolitik», sagte Energieexperte Andree Böhling. Röttgen verspreche den Energiekonzernen gewaltige Profite über Laufzeitverlängerungen alter Atomkraftwerke und Subventionen für Kohlekraftwerke. Andererseits streiche er die Fördermittel für Klimaschutzmaßnahmen im Mittelstand rigoros zusammen. Überzogene Einschnitte bei der Solarförderung würden die erfolgreiche Entwicklung der deutschen Solartechnologie um Jahre zurückwerfen, warnte er.
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