Schicksalstag für Schlecker: Bange Blicke nach Berlin
Insolvenzexperte: Schwierige Aufgabe war von Beginn an zu erwarten
Ehingen (dapd). Am Abend vor dem Schicksalstag von Schlecker hat es noch keine Signale vom Insolvenzverwalter zum Stand der Investorensuche gegeben. „Es ist noch keine Entscheidung gefallen, in keine Richtung“, sagte ein Sprecher von Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz am Donnerstag. Geiwitz spreche sehr intensiv mit den möglichen Investoren. Am (morgigen) Freitag kommt in Berlin der Gläubigerausschuss der insolventen Drogeriemarktkette zusammen. Hat bis dahin kein Investor ein für die Gläubiger akzeptables Angebot abgegeben, werden sie wohl das Aus für Schlecker beschließen. Im Gespräch sind offenbar noch zwei Investoren.
Es sieht eher schlecht aus für die 13.500 Beschäftigten. Schlecker schreibt hohe Verluste. Aktuellen Daten des Instituts für Handelsforschung (IFH) zufolge legte der Drogeriemarkt in Deutschland in den vergangenen Jahren zu. Die Umsätze von Schlecker zeigten in der Zeit in die entgegengesetzte Richtung. Zwischen 2005 und 2010 gingen sie laut IFH bei den Drogeriewaren jährlich um 4,7 Prozent zurück und insgesamt um 1,7 Prozent.
Das Unternehmen hat nach Angaben von Geiwitz in den vergangenen Jahren Verluste von 200 Millionen Euro jährlich eingefahren. In diesem Jahr sollen sie noch bei 25 Millionen Euro jährlich liegen. Zudem klagen mehr als 4.000 entlassene Schlecker-Mitarbeiter gegen ihre Kündigungen. Sollten sie wieder eingestellt werden müssen, würde dies laut Geiwitz mehr als 100 Millionen Euro kosten.
Beschäftigte wollen auf Geld verzichten
Vor allem die Personalkosten gelten als hoch. Geiwitz hatte deswegen von den Beschäftigten einen zeitweisen Lohnverzicht von 15 Prozent gefordert. Am Mittwoch hatte die Gewerkschaft ver.di mitgeteilt, knapp drei Viertel der Beschäftigten seien laut Mitgliederbefragung bereit, auf 10,5 Prozent ihrer Bezüge zu verzichten. So sollen Sonderzahlungen für drei Jahre ausgesetzt und tarifliche Lohnerhöhungen verschoben werden.
Der Sprecher des Insolvenzverwalters sagte, das Entgegenkommen werde wertgeschätzt. „Ob es am Ende des Tages reicht, dahinter steht ein Fragezeichen“, fügte er hinzu. Eine ver.di-Sprecherin betonte: „Mehr geht nicht.“ Das Angebot werde nicht nachgebessert werden können.
„Es war von Anfang an zu erwarten, dass es eine schwierige Aufgabe werden würde“, sagte angesichts der Zahlen Detlef Specovius, Partner bei Schultze & Braun mit Sitz in Achern, der nach eigenen Angaben größten Insolvenzkanzlei Deutschlands. „Schlecker ist im Markt schlecht positioniert zwischen dm und Rossmann, und regional werden sie auch noch von Müller bedrängt.“
„Geduld der Gläubiger ist endlich“
Um Schlecker vor dem Untergang zu bewahren, braucht es „viel Geld und ein tragfähiges Konzept“, sagte Specovius. Das Ziel der Gläubiger sei in der Regel der Erhalt des Unternehmens. Sollte sich ein Investor finden lassen, würden sie nach Einschätzung Specovius‘ wahrscheinlich nicht die Einstellung von Schlecker beschließen. „Aber auch ihre Geduld ist endlich“, warnte er.
Zuletzt gab es noch zwei Interessenten, allerdings nannte Geiwitz keine Namen. Der deutsch-amerikanische Milliardär Nicolas Berggruen hat bereits offiziell über seinen Sprecher verlauten lassen, dass er mit dem Insolvenzverwalter in Kontakt stehe. Berggruen hatte auch Karstadt aus der Insolvenz übernommen. Laut Medienberichten ist zudem die US-Investmentgesellschaft Cerberus an Schlecker interessiert.
Ende vergangener Woche waren die Angebote laut Geiwitz noch „schlichtweg nicht akzeptabel“. Insbesondere der Kaufpreis sei zu gering, aber auch das Konzept stimme noch nicht. Er hatte deswegen die Frist bis zur Sitzung am Freitag gesetzt. Sollte das Aus beschlossen werden, würden die verbliebenen Schlecker-Mitarbeiter noch Ende Juni oder Anfang Juli ihre Kündigungen erhalten, sagte Geiwitz.
Derweil führt Schlecker den Verkauf der nicht insolventen Auslandstöchter fort. Am Mittwoch teilte Schlecker den Verkauf seiner französischen Tochtergesellschaft an das französische Einzelhandelsunternehmen Système U mit. Über die Kaufsumme vereinbarten beide Vertragspartner Stillschweigen. Bereits Anfang Mai war die tschechische Tochter veräußert worden. Dies hat laut Sprecher des Insolvenzverwalters allerdings keine Signalwirkung für die Investorensuche bei der Drogeriemarktkette.