Berlin. Die Lockerung der Leiharbeits-Regelungen durch die rot-grüne Bundesregierung hatte Anfang des Jahrtausends vor allem ein Ziel: Arbeitslosen sollte über diese flexible Beschäftigungsform eine «Brücke» für die Rückkehr ins reguläre Erwerbsleben gebaut werden. Jedoch nur sieben Prozent der Leiharbeiter schaffen den langfristigen Übergang in ein reguläres Arbeitsverhältnis, wie das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in einer aktuellen Studie herausgefunden hat.
Statt der erhofften «Brücke» sei die auch als Zeitarbeit bezeichnete Leiharbeit daher nur ein «schmaler Steg» für Arbeitslose, wie IAB-Direktor Joachim Möller bei der Vorstellung der Studie am Dienstag in Berlin zugab. In der Studie werde zudem deutlich, dass Leiharbeiter bis zu einem Viertel weniger verdienen als vergleichbare Mitarbeiter in regulären Beschäftigungsverhältnissen. Daher sei eine «staatliche Regulierung der Löhne der Branche dringend nötig», betonte Möller.
Das IAB, das zur Bundesagentur für Arbeit gehört, hat Erwerbsbiografien von Arbeitnehmern untersucht, die 2006 als Leiharbeiter beschäftigt waren. In Deutschland gibt es 2010 den Angaben zufolge rund 750 000 Leiharbeiter, das entspricht zwei Prozent aller Beschäftigten.
Die Forscher verweisen aber auch auf positive Seiten der Leiharbeit. Vor allem für Langzeitarbeitslose sei sie eine Möglichkeit, die eigenen Beschäftigungschancen auf dem regulären Arbeitsmarkt «ganz eindeutig» zu erhöhen, sagte IAB-Experte Florian Lehmer. Allerdings haben die Forscher auch festgestellt, dass viele Leiharbeiter in dieser Beschäftigungsform verweilen oder auf lange Sicht zumindest immer wieder eine Zeitarbeit annehmen.
Der typische Leiharbeiter ist demnach jung, männlich und hat oftmals einen Migrationshintergrund sowie eine «unstete Erwerbsbiografie». Zeitarbeiter sind zumeist im produzierenden Gewerbe tätig. Frauen stellen den Angaben zufolge inzwischen bereits ein Drittel aller Leiharbeiter dar, sie sind vor allem in der Gesundheits- oder Dienstleistungsbranche beschäftigt. Mehr als die Hälfte der Leiharbeitsverhältnisse enden der Studie zufolge bereits nach drei Monaten, nur etwas mehr als jedes zehnte (zwölf Prozent) dauert länger als ein Jahr.
Vor dem Hintergrund der Studie forderte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) die Bundesregierung zum Handeln auf. Der Gesetzgeber müsse sich «endlich der harten Wirklichkeit der Leiharbeit» stellen und umsteuern, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. «Leiharbeit ist eine der Hauptverkehrsstraßen in prekäre Beschäftigung.» Zudem würden Risiken «in hohem Maße auf die Beschäftigten und die Sozialversicherungen ausgelagert.» Für alle Arbeitnehmer in Deutschland müsse Lohngleichheit gewährleistet sein.
Die Linksfraktion reagierte ebenfalls mit Kritik auf die Studie. «Die ernüchternden Zahlen bei den Übergängen aus der Leiharbeit in den ersten Arbeitsmarkt rechtfertigen bei Weitem nicht die exzessive Lohndrückerei und Spaltung der Belegschaften», teilte Linke-Arbeitsmarktexpertin Jutta Krellmann mit.
Der Bundesverband Zeitarbeit (BZA) hielt dagegen, auch Zeitarbeit sei eine «reguläre Tätigkeit». Ihre Daseinsberechtigung ermesse sich daher nicht daran, wie viele Leiharbeiter später außerhalb der Branche eine Arbeit fänden. BZA-Präsident Volker Enkerts verwies zudem darauf, dass es für Leiharbeiter «eigene mit dem DGB vereinbarte Zeitarbeitstarife und fast ausschließlich sozialversicherungspflichtige Vollzeitarbeitsverhältnisse» gebe.
Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte in der vergangenen Woche angekündigt, mit einem neuen Gesetz gegen den Missbrauch von Leiharbeit vorgehen zu wollen.