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Südamerika setzt auf grüne Energie made by WELTEC

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Die Öffentlichkeit blickt in diesen Wochen zur Fußball-WM nach Brasilien. Während dort der Fußball technisch hochentwickelt ist, haben die Länder Südamerikas in der Biogastechnik und den erneuerbaren Energien Entwicklungspotenzial. Aguinaldo Ramalho vom deutschen Biogasanlagenhersteller WELTEC BIOPOWER äußert sich im Interview zum Potenzial, zu Erfahrungen und den Chancen der Südamerikaner auf diesem Gebiet.

Wie sind die Voraussetzungen für den Betrieb von Biogasanlagen in Südamerika?

In Teilbereichen sind die Rahmenbedingungen in vielen Ländern gut – zum Beispiel in Brasilien. Im Agrar-Sektor und bei der industriellen Vergärung von Zuckerrohr zu Ethanol ist die Anlagentechnologie hoch entwickelt; das Know-how dazu ist also vorhanden. Die Möglichkeiten zur energetischen Nutzung der hierbei anfallenden Reststoffe sind aber häufig noch unbekannt.

Quelle: WELTEC BIOPOWER GmbH
Quelle: WELTEC BIOPOWER GmbH

Dabei sind die Voraussetzungen bei den Substraten vielversprechend: Das WM-Gastgeberland ist mit seinen knapp 200 Millionen Einwohnern der weltweit zweitgrößte Produzent von Bioethanol. Neben den dabei anfallenden Reststoffen schlummern enorme Potenziale in der Abfallwirtschaft. In diesem Jahr ist ein neues brasilianisches Abfallgesetz in Kraft getreten. Damit soll der Müllanteil, der recycelt, verwertet und ordnungsgemäß deponiert wird, erhöht werden. Ein weiteres riesiges Vorkommen an Inputstoffen liefert die Agrar-Industrie im Süden Brasiliens. All diese Substrate sind bislang noch größtenteils ungenutzt und bieten beste Voraussetzungen für eine energetische Nutzung im Biogasfermenter.

Welche Umstände bremsen den Ausbau momentan?

Durch das fehlende Wissen um die Vorteile der Bioenergie haben sich ein grünes Gewissen, eine Art gelebter Umweltschutz und das Denken in zukunftsträchtigen Energiekonzepten noch nicht etabliert. Vielleicht ist auch der Handlungsdruck auch noch nicht hoch genug.

Zudem halten sich in vielen Staaten Südamerikas die Anleger wegen der hohen Inflation zurück. Mit knapp sechs Prozent hat die Teuerungsrate Brasiliens im Jahr 2013 sogar die von der Zentralbank vorgegebene Obergrenze von 4,5 Prozent überschritten. Selbst ein Leitzins von elf Prozent konnte das Vertrauen der Investoren noch nicht wieder herstellen. Unter diesen Umständen müssten sich die Anlagen bereits nach rund fünf Jahren amortisieren, um lukrativ zu sein – ein unrealistischer Zeitraum.

Südamerikanische Investoren setzen doch bereits auf deutsches Anlagen-Know-how: In Uruguay hat WELTEC in 2013 die erste Ausbaustufe einer Drei-Megawatt-Anlage gebaut. Können derartige Bauvorhaben einen Referenzcharakter entwickeln?

Im Prinzip ja, zumal dezentrale Energieerzeugung ihre Wirkung ja in viele Richtungen entfaltet: Neben der Versorgung ländlicher Gebiete mit Energie, schaffen die Projekte Arbeitsplätze und regionale Wertschöpfungsketten. Wenn diese Vorhaben Schule machen, haben sie den Vorteil, zugleich als wirtschafts-, energie- und entwicklungspolitisches Instrument zu wirken. Und gerade die Stromerzeugung aus Bioenergie eignet sich auch deshalb besonders gut, weil sie mehrere Branchen einbezieht und sich für viele Industriesektoren eignet.

Zudem hilft es, das häufig gering ausgeprägte praktische Wissen über Themen wie etwa die Kraft-Wärme-Kopplung zu etablieren. Auch in Uruguay konnte WELTEC den Auftraggeber und Betreiber zwar mit Auslandserfahrung und Flexibilität in der industriellen Anlagen-Erweiterung überzeugen. Mindestens genauso wichtig war es dem Investor jedoch, dass seine Milchprodukte für den asiatischen Markt mit dem Strom und nicht zuletzt der Prozesswärme aus der Anlage produziert und verpackt werden. Gefragt sind Projekte, die Unabhängigkeit schaffen – exakt so, wie es bei unserem aktuellen Planungsauftrag in Brasilien der Fall ist.

Worum geht es bei diesem Projekt genau?

Wie erwähnt, ist Brasilien nach den USA die weltweite Nummer zwei in der Bioethanolproduktion. Die dabei anfallenden Reststoffe könnten durch Fermentation konsequent energetisch genutzt werden und so den Strom- und Wärmebedarf für den Produktionsprozess decken. Klimabedingt kann Zuckerrohr allerdings nicht das ganze Jahr geerntet werden. Daher müssen auch andere Rohstoffe zur Anwendung kommen. Dieser stetige Wechsel der Substrate im Jahresverlauf stellt aber nur eine der Herausforderungen dar, die in dem Planungsauftrag an WELTEC BIOPOWER gestellt werden.

Die Dimensionen dieser Biomethanraffinerie sind ebenfalls ungewöhnlich. Nach der Fertigstellung können pro Jahr über 30 Millionen Normkubikmeter Biomethan erzeugt werden – also stündlich rund 4.000 Normkubikmeter. Dabei wird es sehr darauf ankommen, nicht nur die Destillationsrückstände, sondern auch das Stroh und die Pressschnitzel aus der Pflanze effizient zu fermentieren. Speziell durch den hohen Ligningehalt der Reststoffe sind die Prozessanforderungen anspruchsvoll. Und gerade vor dem Hintergrund der brachliegenden Energieträger im Land ist es wichtig, alle Energieschätze verwerten zu können.

Die Potenziale sind aber auch in anderen Bereichen groß: Auch im Bereich der Abwasseranlagen bleiben große Mengen Klärschlamm ungenutzt – ebenfalls eine Ressource für Biogasanlagen. Hier wird zwar teilweise fermentiert, aber entweder wird das Gas unkontrolliert abgefackelt oder es entweicht als schädliches Klimagas in die Atmosphäre.

Auch Brasiliens Agrarsektor lässt Substrate liegen. Entsprechend ist die Biogasanlagenpopulation auch hier unterentwickelt: Im südlichen Schweinegürtel gab es in den 1980er Jahren etwa 2.500 Lagunen mit Foliendächern zur Vergärung von Gülle, von denen allerdings nur noch rund 20 Anlagen existieren. Legt man also die Größe des Landes zugrunde, ist das gesamte Potenzial enorm groß.

Ein Blick in die nahe Zukunft: In zwei Jahren wird Brasilien Ausrichter des nächsten Mega-Events sein: den Olympischen Sommerspielen. Wird der Kontinent bis dahin die Weichen für die Energiewende gestellt haben?

Nicht nur für die olympische Flamme in Rio de Janeiro wird im August 2016 ein Energieträger benötigt, der zündet. Der Energiebedarf in den südamerikanischen Schwellenländern wird mit steigendem Wohlstand in den nächsten Jahren stark anwachsen. Biogas würde sich perfekt dafür eignen. Zudem möchten sich alle Länder von Energieimporten unabhängig machen. Und selbst Staaten wie Kolumbien, die auf große Kohle-Vorkommen zugreifen können, werden auf regenerative Quellen setzen, um sich so Export-Optionen zu verschaffen.

In Brasilien stammt bereits mehr als die Hälfte der Energie aus erneuerbaren Quellen, vor allem aus Wasser- und Windkraft. Diese Quote möchte auch Uruguay im nächsten Jahr erreicht haben. Länder wie Argentinien und Mexiko werden bis 2016 wenig verändert haben. Dort dominieren fossile Energieträger den Markt und von politischer Seite gibt es kaum Anreize, das zu ändern.

Unabhängig, welches Land man in den Fokus nimmt, werden grüne Energieprojekte nur dann Schule machen, wenn sich die positiven Beispiele dezentraler Energieerzeugung herumsprechen. Vor allem angesichts der Größe des Kontinents. Dafür brauchen wir gute Erfahrungen mit Referenzprojekten, die weitergetragen werden. Insofern leisten wir mit unserem aktuellen Planungsauftrag in Brasilien einen Beitrag zur Weichenstellung, dass erneuerbare Energien in naher Zukunft auf dem gesamten Kontinent Vorfahrt erhalten.

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