Unionsfraktion für stärkere Regulierung der Finanzmärkte
Ackermann warnt vor Wettbewerbsnachteilen – Sanio attackiert Bewertungs-Agenturen
Berlin (dapd). Der Unionsfraktionsvorsitzende Volker Kauder hat sich für eine stärkere Finanzmarkt-Regulierung ausgesprochen. Die Fraktion arbeite an einem „Rechtsrahmen, in dem sich die Freiheit nicht selbst zerstört“, sagte der CDU-Politiker am Mittwoch in Berlin zum Auftakt eines Kongresses der Fraktion. Ähnlich äußerten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU). Der Vorstandschef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, klagte dagegen, dass die deutsche Bankenregulierung weiter gehe als in anderen Ländern. Das schade dem Finanzplatz Deutschland und den deutschen Instituten.
Der oberste deutsche Bankenaufseher Jochen Sanio warf den Bewertungs-Agenturen vor, „erbarmungslos versagt“ zu haben. „Sie spielen in aufsichtsfreien Räumen. Wir brauchen eine globale Aufsicht, die richtig hart zur Sache geht wie bei den Banken“, sagte der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Bundesbankpräsident Jens Weidmann beklagte, zwei Quellen der Unsicherheit seien von der Regulierung bislang noch nicht ausreichend erfasst. Dies seien systemrelevante Finanzinstitute und das Schattenbankensystem.
Kauder sagte, die Finanzmärkte müssten sich an der sozialen Marktwirtschaft orientieren. Verantwortungsbewusste Banken brauchten einen starken Staat. Das Haftungsprinzip müsse der Gegenpol zur Gewinnchance sein. Es dürfe aber keine überzogenen Regeln geben, die die Wirtschaft abwürgten. Eine Kreditklemme dürfe nicht entstehen.
Ackermann sagte, die Branche in Deutschland dürfe nicht benachteiligt werden. Das Land sollte nirgendwo über die G-20-Standards hinausgehen. Dazu zählte er, dass die Bankenabgabe nicht EU-weit, sondern nur in Deutschland geplant sei. Administrativer Aufwand und anderes wirkten sich bei seinem Institut mit über einer Milliarde Euro vor Steuern aus.
Ackermann sprach sich auch dagegen aus, dass die deutschen Banken möglicherweise bald zehn Prozent Eigenkapital halten müssen beim Verkauf von Krediten. In anderen europäischen Ländern seien es nur fünf Prozent, in den USA noch weniger. Deutschland habe auch Leerverkäufe eingeschränkt. Bei der Offenlegung von Vergütungen gehe Deutschland weiter als andere, ebenso bei der Finanztransaktionssteuer. Auch die Einlagensicherung für Sparer sei strikter als anderswo.
Sanio bezeichnete bei den Bewertungs-Agenturen das „Oligopol der drei Großen“ – Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch – als „Global Player par excellence“. Er wisse, dass eine weltweite Aufsicht nicht kommen werde, weil es dagegen Widerstand gebe. Das sei sehr bedauerlich.
Weidmann sagte, Schattenbanken und systemrelevante Banken bildeten derzeit Schwerpunkte der globalen Reform des Finanzsektors. Unerwünschtes Verhalten von Akteuren oder gar dieser Akteure sollte nicht einfach verboten werden. Stattdessen solle mehr Transparenz geschaffen und die Anreize für ein stabilitätskonformes Verhalten sollten gestärkt werden. Systemrelevante Finanzinstitute seien so groß, komplex, vernetzt, global tätig oder in der Art ihrer Geschäftstätigkeit so schwer ersetzbar, dass ihr Zusammenbruch das ganze Finanzsystem in Mitleidenschaft ziehen könne.
Auch das Schattenbankensystem müsse ausreichend überwacht werden, um entstehende Systemrisiken rechtzeitig erkennen zu können, fügte Weidmann an. So sollten die Bestände der Aktiva im Schattenbankensystem sowie deren Änderungen geschätzt werden, um einen breiten Überblick über die Entwicklung zu erhalten. Gleichzeitig sollten die Engagements von Banken im Schattenbankengeschäft beobachtet werden, um mögliche Ansteckungsrisiken zu identifizieren.