Berlin – Schon in der Antike erkannten die Griechen den Wert der Beratung, darauf verwies Keynote-Sprecher und Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble angesichts des ersten Entscheiderforums von Handelsblatt und Tagesspiegel am 25. April in Berlin. Anlass ist das Jubiläum zweier großer internationaler Beratungen in Deutschland: Vor 50 Jahren eröffneten A.T. Kearney und McKinsey ihre Büros in Düsseldorf, und beide feiern zu diesem Anlass in Berlin. Rund 250 Geschäftsführer, Unternehmer, Medienvertreter, Werbetreibende und Berater kamen zur Auftaktveranstaltung am Askanischen Platz in Berlin. Auf dem Podium diskutierten Prof. Dr. Bert Rürup, Präsident des Handelsblatt Research Institute und ehemaliger „Wirtschaftsweiser“, Dr. Martin Sonnenschein, Managing Director Central Europe bei A.T. Kearney, Dr. Carla Kriwet, Vorsitzende der Geschäftsführung der Philips Deutschland GmbH, Hendrik Steckhan, Geschäftsführer von Coca-Cola Deutschland sowie Karl Gernandt, Chairman der Kühne + Nagel International AG.
Nach wie vor ist das Wachstum bei Unternehmensberatungen ungebrochen: 2013 stieg der Umsatz im deutschen Markt laut einer Studie des Bundesverbandes der Unternehmensberater auf 23,7 Milliarden Euro. Dies entspricht einem Plus von 6,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr (2012: 22,3 Mrd. Euro). Für 2014 wird ein Plus von 5,5 Prozent erwartet. Gute Beratung ist gefragt, aber sie muss nachhaltig sein. Darauf verwies Martin Sonnenschein: „Irgendwann muss der Berater vom Hof reiten. Wenn das Projekt dann erfolgreich weiterläuft, war die Beratung gut, und das stellt der Klient anschließend auch in der Bilanz fest.“
Das gilt inzwischen auch für die Beratung der Politik: Knapp eine Milliarde Euro haben die Bundesministerien in den vergangen vier Jahren für Gutachten und Beratung ausgegeben, sagte Finanzminister Schäuble. „Auch in den Ministerien brauchen wir trotz aller Qualifikation der Mitarbeiter immer wieder Sachverstand von außen“, so Schäuble. Dabei gebe es aber einen Unterschied zwischen dem wissenschaftlichen Ansatz eines Gutachters und dem Rat eines Unternehmensberaters. „Gutachter bringen durch ihre Beurteilung Komplexität in die Sache rein. Die Aufgabe eines Beraters ist es, diese zu reduzieren“, stellte Prof. Dr. Bert Rürup fest.
Beratung im Wandel
Gleichwohl steht die Consulting-Branche vor großen Veränderungen. Darin waren sich alle Redner einig. Zum einen gibt es eine Konsolidierungswelle, die vor allem mittelgroße und sehr spezialisierte Beratungen betrifft. Zum anderen spüren die Dienstleister großen Margendruck. Der Trend: Die Projektlaufzeiten werden kürzer und Honorare stagnieren. Dennoch seien insbesondere Großunternehmen immer gerne gewillt gutes Geld für gute Beratung auszugeben, bemerkte Philips-Chefin Kriwet. Allerdings sei es nicht immer einfach, diese auch zu finden. Als ehemalige BCG-Beraterin zweifelt Kriewet zudem daran, dass die Branche weiter so stark wachsen könne wie bisher. A.T. Kearney-Chef Sonnenschein sieht hier allerdings keine Trendwende: „Berater schaffen ihren Markt durch gute Qualität, hohen Nutzen und neue Konzepte. Sie sind also unverändert Autoren ihres eigenen Erfolges. Deswegen ist das Marktwachstum ungebrochen.“
Auch das Beraterbild habe sich gewandelt: Beratung vollziehe sich heute auf Augenhöhe mit den Vorständen und Unternehmern. Zudem sei es heute die Aufgabe einer guten Unternehmensberatung, die Klienten branchenübergreifend zu beraten, so Sonnenschein.
Karl Gernant, Chairman des Logistikkonzerns Kühne + Nagel, betonte, dass strategisch orientierte „Top-Line“-Beratung meist erfolgreicher als sei, als der Ansatz einfach nur ein „Bottom-Line“ Kostensenkungsprogramm durchzusetzen. „Das liegt daran, dass die eigenen Mitarbeiter weniger Angst vor den Beratern haben. Zudem könne man sich anschließend gemeinsam über den Erfolg freuen, zum Beispiel bei der Einführung einer neuen Preis-Strategie.
Bert Rürup hat zudem beobachtet, dass Unternehmensberatungen im Kampf um Talente sehr wählerisch seien: „Berater nehmen immer nur die Besten, weniger wichtig ist, was jemand studiert hat, entscheidend ist der Spitzenabschluss.“ Sonnenschein betonte, dass man bei der Personalsuche jedoch keine Probleme hätte diese Talente auch zu finden.
Quelle: ots