Kundenmund tut Wünsche kund: Storylistening für Unternehmen
Berlin – Wer ist der Kunde und was will er wirklich? Marktforschung, quantitative Umfragen und Kundenbewertungen sind altbekannte Instrumente, um die Zielgruppe durchschaubar zu machen. Doch das Prinzip, die Kunden selbst erzählen zu lassen, haben Unternehmen wie Dove, Gatorade und Janssen Deutschland in erfolgreiche Kampagnen umgesetzt. Storylistening hat auch anderen Marken dabei geholfen, ihre Geschichte zu finden und damit den Kunden in ihren Bedürfnissen gerecht zu werden. Die Geschäftsführerin der Berliner Agentur für PR und Brand Storytelling Mashup Communcations, Miriam Rupp, analysiert die Strategien dieser Praxisbeispiele und verrät, wie Unternehmen die Storys ihrer Kunden finden, lernen sie zu verstehen und sie für sich nutzen können.
Durch Perspektivwechsel verstehen: Üben mit der Empathy Map
Die Bedürfnisse des Publikums zu erkennen und widerzuspiegeln, Empathie zwischen Erzähler und Zuhörer zu schaffen – dies sind einige der wichtigsten Grundpfeiler und Ziel des Storytelling. Unternehmen, die Geschichten erzählen wollen, müssen daher zuerst einmal den Geschichten ihrer Kunden zuhören. Um sich in die Situation der Zielgruppe hineinzuversetzen und zu verstehen, wo genau ihre Bedürfnisse liegen, wurde im Rahmen des Design-Thinking-Ansatzes die Empathy Map entwickelt. Aus verschiedenen Blickwinkeln des Kunden wird sich dort einem Komplex angenähert, um herauszufinden, welche Themen sie tatsächlich beschäftigen. Gezielte Fragen zu Worten, Taten, Gedanken und Gefühlen der Kunden im zuvor festgelegten Kontext lassen eine Einschätzung ihrer Bedürfnisse zu und bieten qualitative Daten als Analysebasis. Diese persönlichen Gespräche lassen sich zusätzlich durch quantitative Umfragen oder durch Beobachtungen anderer validieren oder anreichern. Zum Beispiel können auch Mitarbeiter im Kundenservice, im Verkauf und in der Produktentwicklung befragt werden, genauso wie „Verbündete“ der Kunden. Wenn es sich zum Beispiel um ein Produkt handelt, das sich hauptsächlich an Mütter richtet, kann es auch sehr aufschlussreich und eine spannende Quelle für Geschichten sein, die Väter, Kinder, besten Freundinnen oder Großeltern einzubeziehen. Ein Paradebeispiel für eine Geschichte, die ihre emotionale Pointe dem überraschenden Perspektivwechsel mit Müttern verdankt, ist die Kampagne #worldstoughestjob der Grußkarten-Website cardstore. Ihr Kernstück ist ein YouTube-Video, in dem echten Bewerbern per Videochat die schier unmenschlichen Anforderungen für die fiktive Stellenanzeige „Director of Operations“ vorgestellt werden. Als der Recruiter auflöst, dass es sich dabei um den Job von „Moms“ handelt, bleibt kein Bewerberherz unberührt. Über 26 Millionen Mal wurde der Clip inzwischen aufgerufen.
Nach dem Verstehen das Erzählen: Der richtige Spannungsbogen
Das inszenierte Bewerbungsgespräch mit echten Menschen veranschaulicht viele Aspekte des Storytelling. Mit einem Spannungsbogen aus Hook, Hold und Payoff wird das Publikum durch den provokanten Titel und den Mystery-Plot gefesselt, der erst ganz zum Schluss aufgelöst wird – mit einer Erkenntnis, die allen die Augen öffnet. Ganz ohne kitschige Bilder werden Menschen mit unterschiedlichstem Background in einer unvorhersehbaren Situation mit dieser überraschenden Wendung konfrontiert, die Bewerber im Video genauso wie die YouTube-Zuschauer. Die Aussage hinter dem Video spiegelt die Werte und die Vision des Unternehmens wider („Make a meaningful connection anytime, anywhere“). Transmedial wird die Geschichte fortgesetzt, indem Zuschauer ihren Müttern mit dem Hashtag #worldstoughestjob auf Twitter danken können. Um eigene ganz konkrete Geschichten und Kampagnen zu entwickeln, gibt es unzählige Kreativitätstechniken, von offenen Brainstormings über Brainwriting, Assoziationsketten und Mindmaps bis hin zur Walt-Disney-Methode, in der eine Idee aus der Sicht eines Träumers, eines Realisten und eines Skeptikers betrachtet wird.
Zuhören, wo geredet wird: Social Media Monitoring
Die sozialen Medien bieten nicht nur unzählige neue Wege und Möglichkeiten, Geschichten zu erzählen: Facebook, Twitter & Co sind eine wahre Fundgrube für alle Storylistener. Vom eigenen Computer aus kann man sich virtuell dahin begeben, wo die Kunden sich schon befinden, wo sie über ihre täglichen Erlebnisse sprechen, Fragen äußern und sich austauschen. Eine einfache Google-Suche nach »Forum« plus der jeweiligen Nische gibt einen konkreten Einblick darin, welche Probleme und Hinweise Nutzer direkt miteinander diskutieren. All dies sind auch Aufhänger für eine Geschichte. Auch in den Kommentaren zu Themen-relevanten Blog- oder Facebook-Posts oder über Twitter erhält der Corporate Storyteller unzählige Inspirationen. Die Echtzeit-Beobachtung der sozialen Medien ist für viele Unternehmen zwar noch eine ziemlich neue Herausforderung. Wer dies aber meistert, kann an Konversationen teilnehmen und auf die Geschichten aufspringen, die sowieso schon stattfinden. Ein Beispiel für eine perfekt getaktete und zudem originelle Social-Media-Antwort auf ein gesellschaftliches Ereignis stammt von Oreo zum Stromausfall beim Super Bowl 2013. Witzig und subtil genug – wie es die User lieben – spielte der Tweet „You can still dunk in the dark“ auf den Schock US-weiter schwarzer Bildschirme während der Übertragung des Super Bowls an und erlebte eine inzwischen legendäre Netzresonanz.
Quelle: Mashup Communications